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Verbrecherjagd live!

Verbrecherjagd live!
Veröffentlicht:
04.10.2021
Mit dem neuen Format „Fahndung Österreich“ hat ServusTV ein neues Erfolgskapitel der noch jungen Sender-Historie aufgeschlagen. Warum das so ist, weiß Hans Martin Paar, ServusTV-Informationschef und Moderator der TV-Fahndung. Im tele-Interview spricht er über den aufwändigen Produktionsprozess, Marktanteile, die Zusammenarbeit mit der Exekutive, die Beteiligung der Zuschauer und künftige Entwicklungsschritte.

Hans Martin Paar, ServusTV-Informationschef und Moderator von "Fahndung Österreich", im tele-Interview zur dritten Folge der Live-Sendung. Nach dem Start im Mai 2021 ging im Juli bereits eine zweite Ausgabe on air, am 7. Oktober folgt nun die dritte Live-Sendung. Die TV-Fahndung ist in Österreich, Deutschland (hier über ServusTV Deutschland) und der Schweiz zu sehen, pro Folge werden sechs bis dato ungelöste Fälle behandelt – großteils in Österreich angesiedelt, zum Teil aber mit grenzübergreifenden Zusammenhängen. Noch 2021 soll eine vierte Sendung (Termin noch nicht fix) folgen.

tele: Herr Paar, wie sehr sind Sie als Moderator in die Produktion der Sendung involviert? 

Hans Martin Paar: Die Fälle, die wir behandeln, stammen aus einer Vorauswahl, die uns von den Ermittlern des Bundeskriminalamts und den Landeskriminalämtern zur Verfügung gestellt werden. Als Redaktion entscheiden wir, wie und mit welchen Fällen wir die Sendung zusammenstellen und auch, welche Teile der einzelnen Fälle in der filmischen Darstellung vorkommen. Wir müssen das so einkürzen, dass es dramaturgisch Sinn macht und entscheiden, welche Fragen an die Ermittler relevant sind bzw. wie wir Besonderheiten im Ablauf der Live-Sendung gestalten, wie zuletzt das Tatort-Fahrzeug oder ähnliches. Da kann ich mich einbringen, was mich sehr freut, aber da gibt’s natürlich auch eine starke Redaktion, die wochenlang recherchiert. Viel entscheidet man dann im Kollektiv, damit das Bouquet am Ende stimmig ist. 

tele: Wie aufwändig ist die Produktion einer Sendung? Wie stark ist die Redaktion besetzt? 

Polizisten Hans Martin Paar: Für die filmischen Beiträge – wir haben ja sechs Fälle pro Sendung – arbeiten wir mit einer externen Produktionsfirma (Anm.: Mabon Film) zusammen, das könnten wir hausintern gar nicht stemmen. Die Firma hat ein eigenes Team an Redakteuren, die recherchieren, die die Protagonisten aufstellen, die mit den Mitarbeitern der Polizei und Exekutive zusammenarbeiten und versuchen, diese Fälle möglichst authentisch in Filme zu verpacken. Bei uns im Haus ist „Fahndung Österreich“ an die Unterhaltungsabteilung angedockt, wo mehrere Kollegen – ich rede jetzt nur von der redaktionellen Vorbereitung – dafür abgestellt sind. Aber die Hauptlast, was eben die Beiträge betrifft, ruht auf den Schultern der Kollegen der Mabon Film. Und am Tag der Live-Sendung sind rund 100 Leute damit beschäftigt, die Sendung möglichst gut abzuwickeln. 

tele: Wie zufrieden sind Sie mit den Reenactments? Wie teuer sind diese nachgestellten Szenen? 

Hans Martin Paar: Zum Glück muss ich mich nicht mit den konkreten Zahlen beschäftigen, ich weiß aber, dass die Produktion sehr aufwändig ist. Was die Leistung der Schauspieler betrifft, haben wir jedenfalls bisher ein Super-Feedback bekommen. Wir sind auch selbst von der Qualität der Beiträge sehr angetan. Dadurch, dass es so gut gemacht ist und nicht ins Laienschauspiel abgleitet, lenkt es auch nicht von den wichtigen Inhalten der Fälle ab. Von den Kollegen der Produktionsfirma wird auch viel Augenmerk auf ein gutes Casting gelegt. Wir drehen auch ausschließlich an Originalschauplätzen, mit den Original-Ermittlern, die zum Teil schon seit Jahrzehnten an einem Fall dran sind. Und auch mit Opfern oder deren Angehörigen, und das macht die Sache natürlich in der Planung und Organisation sehr aufwändig. 

tele: Wie hoch ist der Anteil der Kosten für die Zuspielfilme am Gesamtbudget der Sendung? 

Hans Martin Paar: Die sechs Zuspielfilme machen einen beachtlichen Teil für eine Sendung aus. 

tele: Wird die Struktur der Live-Sendung – eventuell auch nur in Nuancen – schon in der ersten Phase weiterentwickelt? 

Hans Martin Paar: Sie sagen es richtig: In Nuancen sehr wohl, und zwar permanent, weil bei uns die interne Marktforschung das Feedback, den Zuschauerrücklauf, die Meldungen zu den einzelnen Filmen auswertet: Was hat zu welchem Zeitpunkt der Sendung möglichst viel Sinn für die Zuschauer? Mit welchen Mitteln erreichen wir das Publikum am besten? Wurde bei dem einen oder anderen Fall eine bildliche Darstellung von den Zuschauern als zu drastisch empfunden? Muss man das so lassen, um die Authentizität nicht zu beschneiden, oder kürzt man da? Gerade was den Ablauf der Sendung und die Reihung der Filme und Fälle betrifft, überlegen wir uns viel. Es geht ja zum einen um die Unterstützung der Polizei, aber auch um die Bewusstseinsbildung bei den Zuschauern. Und das gelingt nur dann, wenn die Sendung zwei Stunden durchgehend interessant und relevant bleibt. 

Fahndung 053tele: Mit den Marktanteilen der ersten Sendungen war man bei ServusTV sehr zufrieden. Wo liegen denn hier die Erwartungen, welche Ziele setzen Sie sich? 

Hans Martin Paar: Tatsächlich sind die ursprünglichen Erwartungen deutlich übertroffen worden, so dass wir in der erfreulichen Situation sind, dass wir da nachjustieren dürfen.  Die erste Sendung lag bei 7,8 Prozent, die zweite bei 8,6 Prozent. Ich versuche demütig zu bleiben, aber wenn wir diese Flughöhe im Winter halten könnten, dann wäre das ein Riesenerfolg. Und dann schauen wir, was im nächsten Jahr noch möglich ist …

tele: Sie liegen jedenfalls klar über dem Senderschnitt … 

Hans Martin Paar: Ja, zumindest mit den ersten beiden Sendungen. Und das wollen wir unbedingt im zweiten Halbjahr halten. 

tele: Wie viele Hinweise kamen nach den ersten beiden Sendungen insgesamt aus der Bevölkerung? 

Hans Martin Paar: Es waren knapp 350 Hinweise. Das hat uns – und auch die Ermittler – positiv überrascht. Wir wissen von vergleichbaren Formaten bei Mitbewerbern, dass das auch deutlich weniger sein kann. Zum Erfolg trägt sicher auch bei, dass wir die Sendung in drei Ländern ausstrahlen, neben Österreich auch in Deutschland und in der Schweiz. Ein Fünftel der Hinweise ging beispielsweise aus Deutschland ein. 

tele: Was war bisher der größte Fahndungserfolg? 

Hans Martin Paar: Ich kann da nicht zu sehr ins Detail gehen. Aber ich weiß von der ersten Sendung, dass sich in zwei Fällen einige Fahndungsstränge als irrelevant erwiesen haben. Für die Ermittler hat es sehr spannende Hinweise gegeben, was das Ausschlussprinzip betrifft. Auf die konkreten Erfolge und Fortschritte der zweiten Sendung werden wir erst in der dritten Live-Sendung eingehen, da möchte ich noch nicht vorgreifen. 

tele: Um welches Promi-Opfer handelt es sich denn im Fall des „Polizistentricks“ in der dritten Sendung? 

TrickbetruegerHans Martin Paar: Da möchte ich nicht zu sehr vorgreifen, aber das Opfer stammt aus dem Umfeld der politischen Kaste. 

tele: Auch Prävention ist in Ihrer Sendung ein Thema, in der dritten Ausgabe wird es um „Betrugs-SMS“ gehen. Soll Computerkriminalität in der Sendung häufiger angesprochen werden? 

Hans Martin Paar: Das sind jene Fälle, wo wir mitunter den stärksten Rücklauf an Meldungen haben, obwohl sie optisch gar nicht so einfach nachzustellen sind. Doch die Gruppe derer, die es betrifft, die es selbst erlebt haben oder jemand kennen, der betroffen ist, ist unglaublich groß. Das reicht vom Love-Scamming in sozialen Netzwerken bis hin zu Betrugs-SMS oder Betrugs-E-Mails. Bei digitaler Kriminalität gibt es so eine Masse an Betroffenen, dass sich viele Menschen auch noch Tage nach der Sendung gemeldet haben.  

tele: Wie läuft die Arbeit mit dem Ministerium, den Ermittlern des Bundeskriminalamts und der Landeskriminalämter. Hat sich da schon eine gewisse Routine entwickelt? 

Hans Martin Paar: Zunächst gab es die große Bereitschaft, das Projekt gemeinsam zu machen. Dann gab es eine sehr große Zufriedenheit, dass das so gut funktioniert. Von Fernsehmacherseite muss ich den Kolleginnen und Kollegen der Polizei ein besonderes Lob aussprechen. Abgesehen von ihrer täglichen Arbeit, die ohnehin ein Knochenjob und selten erfreulich ist, haben sie in den Live-Sendungen, wo sie im Studio Rede und Antwort stehen müssen, fantastisch geliefert. Auch viele Leute aus der Branche waren positiv überrascht, dass echte Polizisten in einer Live-Sendung so überzeugend auftreten und die Ermittlungen so gut, präzise und nahe am Geschehen erklären können. Da gab es auch eine sehr große Begeisterung bei den Zuschauern. Und jetzt kosten wir das aus und überlegen, was wir noch machen können, wie wir das intensivieren könnten, aber das ist ein gemeinsames Herantasten an die Möglichkeiten, die sich uns noch bieten.

tele: Vielen Dank für das Gespräch!

 

TV-Tipp:

Fahndung Österreich (Folge 3)

Do., 7. Oktober, 20.15 Uhr, ServusTV

Wdh.: Fr., 8. Oktober, 1.00 Uhr, ServusTV

So., 10. Oktober, 22.50 Uhr, ServusTV

Über „Fahndung Österreich“:

Servus TV arbeitet bei „Fahndung Österreich“ eng mit dem Innen- und Justizministerium, dem Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern bzw. den zuständigen Ermittlern zusammen. Polizisten nehmen live im Studio sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung entgegen, Kriminalbeamte sprechen mit dem Moderator über den Ermittlungsstand.

Hinweise zu den Fällen nimmt die Polizei auch außerhalb der Sendung per E-Mail unter fahndung-oesterreich@bmi.gy.at oder unter der Telefonnummer 059 133 133 entgegen.

Die sechs neuen Fälle in der Sendung am 7. Oktober:

Fall 1: Ein ungeklärter Bankraub in Schiefling bei Velden (Kärnten). Schadenssumme: 150.000 Euro.

Fall 2: Das LKA Vorarlberg bitte um Hinweise zur Identität zweier im September 2019 aufgefundener Leichen.

Fall 3: Mord an zwei Prostituierten in NÖ im Jahr 2017.

Fall 4: Ein rätselhafter Mordfall in Salzburg aus dem Jahr 2008, eine 68-jährige Frau wurde erdrosselt.

Fall 5: Dem „Polizistentrick“, einer besonders dreisten Betrugsmasche, fallen meist ältere Personen zum Opfer. Selbst bekannte Personen sind vor solchen Maschen nicht geschützt - ein prominentes Opfer berichtet von eigenen Erfahrungen.

Fall 6 (Prävention): Eine neue Welle an Betrugs-SMS greift um sich.

Interviews

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Interviews, 04. Oktober 2021
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