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„Süßer Rausch“ im ZDF: Regisseurin Sabine Derflinger im Interview.

„Süßer Rausch“ im ZDF: Regisseurin Sabine Derflinger im Interview.
© ZDF
Veröffentlicht:
04.10.2022
Désirée Nosbusch, Leslie Malton, Suzanne von Borsody und Susanne Wuest beerben einen Mann: Sabine Derflinger über den Dreh der packenden Familiensaga.

Was für ein großartiges Drehbuch! Wer ist Sathyan Ramesh?

Sabine Derflinger: Das ist ein deutscher Autor mit einem indischen Vater, der superlustig schreibt. Ich hab‘ vorher von ihm schon Drehbücher gelesen, aber ich hab bei dem Projekt keine Zeit gehabt. Dann kam dieses Drehbuch und ich dachte mir, den Autor kenn ich doch und hab zu Lesen begonnen und mir gedacht, das ist richtig gut.

Es sind halt auch wirklich großartige Schauspielerinnen, was für ein schreckliches Schicksal, mit Leslie Malton, Desiree Nosbusch, Suzanne von Borsody und Susanne Wuest im Veneto zu drehen.

Das war schon toll. Aber Als ich das erste Mal nach Venedig geflogen bin war Corona, wir waren zu dritt im Flieger, es hat ganz gespenstisch angefangen. In Venetien gab es so viele Tote, das war natürlich dort ein großes Trauma. Wir haben den Film um ein Jahr geschoben und die Schauspielerinnen und Schauspieler haben auch tatsächlich ein Jahr lang gewartet, das war großartig.

Das sind sehr fantastische Frauenrollen.

Das hat mir auch gut gefallen. Natürlich ist es einerseits ein konventionelles Format, das aber dann doch aufbricht und einen Schritt weitergeht. Auch wie die Schauspielerinnen die Figuren unterschiedlich entwickelt haben, wie unterschiedlich der Zugang war.

Wie kann man sich das vorstellen?

Es gibt große Unterschiede, wie man etwas erarbeitet. Ob man Beispiele hernimmt, sich auf andere Filme bezieht, ob man in die persönliche Geschichte geht. Auch bei Leseproben überlegt man sich szenisch Dinge, viel geht für mich auch immer über's Kostüm. Die Kostümprobe ist immer was Schönes für mich. Mittlerweile ist es ja so, dass man bei Fernsehproduktionen in so kurzer Zeit so viel abliefern muss. Das ist der einzige Moment, in dem man echt Zeit verschwenden kann. Man setzt sich hin und schaut zu, wie jemand in die Rolle hineinschlüpft und spricht über die Figur.

Ihre Tochter Isabella hat das Kostüm gemacht …

Sie hat ja alle 60 Folgen von „Vorstadtweiber“ gemacht, wir haben ewig nicht zusammengearbeitet. Es war zwar Lockdown, aber sie hat die Kostüme aus Mailand, aus Rom geholt, das war schon ein ganz anderer Zugang. Sie hat alles abgeklappert und kam mit den Schätzen zurück und dann haben wir probiert.

Die Stöckelschuhe!

Ja das ist meine Lieblingsbeschäftigung, ich will immer die schönsten Schuhe im Film haben, weil ich keine hohen Schuhe tragen kann (lacht).

Es gibt eine Festszene, wo sehr viele Leute gleichzeitig betrunken spielen müssen, ist das organisatorisch eine Herausforderung?

Das muss eher mit dem Innen der Figuren zu tun haben. In dem Moment, wo man das im Außen so darstellt, kriegt's halt diese Peinlichkeit oder wird seltsam. Es geht darum, sich mit dem Innen der Figuren zu beschäftigen und wo die da an dem Moment stehen. Und dann wird der Abend später und die Figur spürt etwas. Es geht nicht um das große Lallen oder Umfallen.

Man kann schon gut verstehen, warum diese unterschiedlichen Frauen an diesem Mann hängen.

Ja, er glaubt an etwas Großes und das fasziniert natürlich andere Menschen. Dieser Hyperwahnsinn, dieses „Ich halte das alles zusammen und wir schaffen da etwas Übergroßes“. Das darzustellen war mir total wichtig, obwohl ich mich im Hubschrauber zu Tode gefürchtet habe, als wir wirklich auf diesem Bergplateau im weißen Schnee gedreht haben, wo er das Projekt bauen will.

 

Dabei haben die Frauen viel von der eigentlichen Arbeit gemacht …

Natürlich. Es ist natürlich so dieses Machotum. Aber der große Macho – so laufen die Dinge eben – muss auch sterben. Das trifft die Zeit, in der wir leben, grad recht gut. Der Film erzählt, das Patriarchat stirbt und dann sind die Frauen dran.

 

Man sieht auch diese radikale Frauensolidarität im Fernsehen selten.

Es waren einfach sehr gute Figuren, das war den Frauen auch sehr schnell klar. Unsere Producerin, die Doris Zander, hat sie mit dem Autor entwickelt, und das war schon so ein Herzensprojekt, wie ich dazugekommen bin. Das ist ja so toll, Frauen müssen sich gar nicht mögen, sie können auch unterschiedlich sein, und sie können sich trotzdem und grad im Gegenteil verbünden. Man muss nicht alles toll finden, um solidarisch sein zu können.

Haben sich die drei Hauptdarstellerinnen gut verstanden? Das sind ja echte Ikonen.

Ja, die drei Ikonen waren toll miteinander. Da wird immer von „Zickenkrieg“ geredet, aber ehrlich, ich hab das überhaupt noch nie erlebt. Ich kenn das überhaupt nicht.

Und dann noch diese atemberaubend schöne Landschaft ... 

Das stimmt, da waren wir sehr verwöhnt, wenn ich jetzt an den Schweinestall denk in dem ich den nächsten „Tatort“ dreh (lacht). Die Landschaft ist ja auch Darstellerin, nicht nur schön, um schön zu sein sondern um das Leben und die Fülle und diesen Rausch auch zu repräsentieren. Ich wollte auch bei den Häusern das Große, Alte, Vielfältige. Venezien ist schon sehr besonders, da gibt es so wahnsinnig viel Geschichte und die Leute hängen so an dieser Geschichte und es gibt auch so viele Geschichtenerzähler.

Wurde da in Palazzi gedreht?

Wir haben in Bassano del Grappa gedreht, unter anderem in der Grappa-Manufaktur von Herrn Poli gedreht, der Herr Poli kommt auch kurz vor, der war so lieb und so kooperativ, das war großartig. Und Bassano del Grappa ist auch ein irrsinnig schöner Ort. Da wo wir die Geburtstagsfeier gedreht haben, das gehört zu einem Palazzo, wo ein Ehepaar lebt, das sehr schwierig zu bekommen. Wenn Leute so reich sind, die brauchen ja niemanden, der da kommt und dort dreht. Die haben so viel Geld, das ist denen wurscht. Aber wir hatten ein tolltes Location-Team, alles lauter Frauen, die haben Gasgegeben, damit wir dort drehen durften. Und es hat immer geregnet, man merkt das aber gar nicht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Julia Pühringer

Interviews

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Interviews, 04. Oktober 2022
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