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Air Anna - voll auf Kurs

Air Anna - voll auf Kurs
© Picturedesk
Veröffentlicht:
24.11.2017
Die Kärntner Freestyle-Snowboarderin Anna Gasser, Top-Favoritin auf Olympia-Gold, im tele-Talk

Die neue Snowboardsaison begann am 11. November  so, wie die alte endete: Mit Anna Gasser in Überform. Beim Big Air Weltcup in Mailand, einem der großen City-Events, wiederholte die Kärntnerin ihren Vorjahreserfolg. Nur ein weiteres Indiz dafür, dass der neue ÖSV-Star bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang eines unserer heißesten Eisen im Feuer ist. Auch im tele-Interview ist Olympia bereits ein wichtiges Thema.

tele: Bist du zum ersten Mal in China? Interessieren dich Land, Leute und Kultur?

Anna Gasser: Ja, es ist meine erste China-Reise. Ich hab natürlich schon viel über das Land gehört und bin gespannt, was mich dort erwartet. Ich habe das Glück, durch das Snowboarden zahlreiche Länder kennenzulernen und versuche, von überall möglichst viele Eindrücke mitzunehmen.

tele: Die Chinesen wollen ja für Olympia 2022 in Peking ein Team auf die Beine stellen. Hattest du schon Kontakt mit chinesischen Snowboardern?

Anna Gasser: In „meinen“ Disziplinen Big Air und Slopestyle gibt’s kaum chinesische Athleten auf Topniveau. China verfügt aber in der Halfpipe (Anm.: ebenfalls Olympia-Disziplin) über absolute Weltklasse-Fahrerinnen und -Fahrer, zu denen ich allerdings keinen Kontakt habe.

tele: Welche Bewerbe sind für dich die stimmungsvollsten?

Anna Gasser: Bei den Big Airs gibt’s natürlich mehr Stimmung als bei den SlopeStyles, weil die meistens in der Stadt sind. Die werden ja auch richtig cool aufgezogen, mit Konzerten und so. Das ist fast eine Festivalstimmung, es kommen sehr viele Zuschauer und das motiviert einen extrem.

tele: Wo ging zuletzt die Post richtig ab?

Anna Gasser: Air & Style war der Hammer, auch wenn’s für mich dort nicht geklappt hat. Mailand war für mich letztes Jahr der erste Big Air überhaupt, deshalb hat das für mich auch eine ganz eigene Stimmung gehabt. Mönchengladbach war sehr lustig. Es sind im Grunde alle Events cool und haben ihre eigene Stimmung. Die Contests in der Stadt sind aber doch meine Lieblingsevents.

Anna Gasser Big Air Picturetele: Wie hast du den Umstieg vom Turnen aufs Snowboarden geschafft? Wer hat dich denn da gefördert? Gab’s jemand, der sich speziell gefördert hat?

Anna Gasser: Das lief bei mir ganz untypisch, ich hab das am Anfang ohne Team, ohne ÖSV oder speziellen Trainer gemacht. Das heißt, den Umstieg hab ich im Prinzip alleine durchgezogen, mit Freunden, die den gleichen Sport gemacht haben und mich mitgenommen haben. So hab ich das gelernt. Der ÖSV ist dann erst bei der letzten Olympiade in Sotschi ins Spiel gekommen, mit dem gesamten Betreuerteam.

tele: Gibt’s für dich derzeit eine besonders wichtige Bezugsperson – on tour und im Training?

Anna Gasser: Außer der Familie ist das der Clemens Millauer (Anm.: Freestyle-Snowboarder aus OÖ), der mit mir im selben Team ist und mich immer unterstützt. Wir geben uns gegenseitig Kraft und versuchen unseren Weg zu finden. Und wenn er sagt, dass ich was schaff’, dann glaub ich auch dran.

tele: Clemens könnte ja auch noch auf den Olympia-Zug aufspringen …

Anna Gasser: Der ist ziemlich gut bei der Olympia-Quali dabei und ich glaube, dass er das auch schaffen wird.

tele: Wen schätzt du im Weltcup und bei Olympia als deine größten Konkurrentinnen ein?

Anna Gasser: Jamie Anderson, die Olympiasiegerin von 2014, ist nie zu unterschätzen. Besonders wenn die Verhältnisse nicht perfekt sind, hab ich sie ganz oben auf der Rechnung, weil sie ihre Sprünge seit Jahren gut beherrscht. Aber es kommen auch junge Japanerinnen nach, die ich zu Saisonbeginn zum ersten Mal im Weltcup gesehen habe. Und die jungen Amerikanerinnen wie Hailey Langland und Julia Marino geben schon seit dem letzten Jahr ordentlich Gas.

tele: Bei der WM In der Sierra Nevada sind dir die Skandinavierinnen im Big Air noch am nächsten gekommen …

Anna Gasser: Das stimmt, aber über das ganze Jahr verteilt hab ich die Amerikanerinnen doch mehr auf der Rechnung. Aber bei Olympia kann wirklich alles passieren.

tele: Gibt’s bei euch in der Freestyle-Szene Cliquen, die fest zusammengeschweißt sind?

Anna Gasser: Cliquen würde ich nicht wirklich sagen. Es ist nur im Vergleich zu anderen Sportarten noch sehr typisch, dass man international befreundet ist und auch international fahren geht. Was vielleicht beim Skifahren oder bei anderen Sportarten im Verband nicht so ist. Deshalb bin ich auch sehr oft mit den KanadierInnen oder AmerikanerInnen mit am Weg, und das ist auch ein ziemlich freundschaftliches Verhältnis. Was cool ist. Obwohl man langsam merkt: Olympia kommt näher, und dann haben doch alle ihre eigenen Trainingscamps, wo man dann nicht mehr dabei ist.

tele: Österreich hat ja schon einige Top-Boarder hervorgebracht. Wirst du häufig auf frühere Stars wie Sigi Grabner angesprochen?

Anna Gasser: Sigi Grabner auf jeden Fall, weil er ja auch Kärntner ist. Für die Leute bin ich dann eben die nächste Kärntner Snowboarderin. Aber sonst eigentlich gar nicht. Den Vergleich zwischen Race-Boardern und Freestylern gibt es auch nicht wirklich. Ich werde eher auf Freestyle-Skifahrer wie den Luca Tribondeau (Anm.: 20-jähriger Kärntner, Olympia-14. in Sotschi) angesprochen.

tele: Eine allzu große Freestyle-Vergangenheit haben wir ja leider nicht …

Anna Gasser: Noch nicht! (lacht) Aber es gibt verdammt viel Nachwuchs. Im Freeskiing wie beim Snowboarden. Es gibt ja mittlerweile schon fast in jedem Skigebiet einen Funpark, wo die Jungen anfangen können. Und es gibt auch diese Zweige in den Schulen, was sehr cool ist. Die Ski-Akademie Schladming und das Schigymnasium Stams haben inzwischen Freestyle ins Programm aufgenommen.

Anna Gassertele: Gibt es auch Kärntner Nachwuchshoffnungen?

Anna Gasser: Die gibt’s. Mich freut’s natürlich speziell, wenn ich Mädels sehe, die den Sport machen – das ist immer noch echt selten. In Kärnten gibt’s eigentlich ein gutes Programm. An einer Villacher Schule hat der Friedl Kolar, der selber ein Top-Snowboarder war, ein gutes Programm aufgebaut. Der schaut auch, dass die Schüler, die noch kein Auto haben, in die Skigebiete kommen, wo sie trainieren können. Das ist auch das Wichtigste. Kärnten ist da noch ein bisschen hinten nach. In Salzburg und Tirol ist in den letzten Jahren wirklich etwas weitergegangen.

tele: Ist eigentlich deine Schwester auch Snowboarderin?

Anna Gasser: Nein, sie ist Studentin. Sie ist nicht wirklich Wintersportlerin, aber sie turnt. Das ist zwar eine etwas andere Sportart, aber sie lebt auch voll mit mir mit. Wir waren zum Beispiel heuer gemeinsam beim „Tag des Sports“ in Wien. Sie hat das zum ersten Mal live erlebt, wie das aufgezogen wird, welche Termine ich da so habe.

tele: Wie hast du den Olympiasieg von Julia Dujmovits 2014 in Sotschi miterlebt?

Anna Gasser: Nicht vor Ort, weil da war ich schon wieder daheim. Aber im Fernsehen.

tele: Hast du dich da auch für die ganze Snowboardszene in Österreich gefreut?

Anna Gasser: Natürlich. Ich freu mich aber über jeden, der es bei Olympia schafft, eine Medaille zu gewinnen. Snowboarder wie andere Sportler.

tele: Du bist als gelernte Turnerin ein großes Artistik-Talent. Im Skisport ist Marcel Hirscher für sein großes Bewegungstalent bekannt. Schaust einem Hirscher gerne zu?

Anna Gasser: Mich fasziniert Skifahren sehr, ich schau mir das zu Hause immer wieder im Fernsehen an. Wenn ich unterwegs bin, ist das schwieriger, da muss ich schon suchen. Aber zuhause schaut ja die ganze Familie. Wir sind typische Österreicher, wir fiebern da total mit. Und es ist schon ein Wahnsinn, wie sich die Top-Fahrer in gewissen Situationen noch retten können, vor allem die Körperbeherrschung im Slalom. Und man sieht schon, dass manche Leute da ein besseres Gefühl haben als andere Leute. Beim Marcel ist das ja super, das ist nicht zu übersehen.

tele: Du bist ja jetzt auch TV-Star. Wie geht die Familie damit um? Wird alles geschaut, aufgenommen und archiviert?

Anna Gasser: Mein Onkel nimmt wirklich alles auf, was von mir im Fernsehen kommt (lacht). Klar, meine Familie schaut sich die Sendungen immer an und fiebert mit. Das ist dann so ein Riesen-Familiending, glaub ich. Aber wenn ich heimkomme ist alles wie früher, da hat sich nichts verändert.

tele: Snowboarden im Fernsehen – hinkt es immer noch hinter dem Skisport hinterher? Wie siehst du das?

Anna Gasser: Ja, sicher. Der Skisport hat einfach in Österreich die größere Tradition. Snowbaorden noch nicht so sehr. Aber ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren noch ein bisschen ändert. Ich bin schon froh, dass  heuer fast alle Bewerbe auf ORF Sport plus übertragen werden. Das ist schon einmal ein großer Erfolg.

Anna Gasser Franz Jellen Das Interview führte Franz Jellen

TV-Tipp

FIS Snowboard Weltcup: Big Air aus Peking

Sa., 25. 11., 15.20, live auf ORF Sport plus

Zur Gänze im Livestream in der ORF TVThek (tvthek.orf.at)

Steckbrief Anna Gasser

  • Geb. 16. 8. 1991 in Villach, aufgewachsen am Millstätter See
  • Trainierte zunächst Kunstturnen, Snowboarderin seit 2010
  • Weltcup-Debüt: Jänner 2013
  • Größte Erfolge: 5 Big-Air-Weltcupsiege, einer im Slopestyle; , Gesamtsiegerin im Big-Air-Weltcup und im Freestyle-Weltcup 2016/17 ; WM-Gold im März 2017 (Big Air); Gold bei den X-Games Norway 2017 (Slopestyle)
  • Auszeichnungen: Österreichs Sportlerin des Jahres 2017; Gewinnerin des ESPY-Awards 2017 in den USA
  • Große Tierfreundin, wollte als Kind Tierärztin werden

Ein Wahnsinnsjahr: Das Gasser-Update

Seit einem Jahr räumt Anna Gasser vor allem in der Disziplin „Big Air“ alles ab, was es für Freestyler zu gewinnen gibt. Die Krönung:  WM-Gold im März 2017 (Big Air) mit dem erstmals gezeigten Backside Double Cork 1080 und der Höchstpunktezahl 100. Dazu kam u. a. Gold in der Disziplin „Slopestyle“ bei den X-Games Norway in Hafjell. Interessant dabei: Sowohl „Slopestyle“ als auch (erstmals) „Big Air“ zählen bei Olympia 2018 (9.–25. 2.) zu den olympischen Disziplinen, Gasser hat also eine doppelte Medaillenchance.

Was die 26-jährige Millstätterin drauf hat, zeigte sie bereits Ende 2013, als sie als erste Frau einen Cab Double Cork 900, einen doppelten Rückwärtssalto mit einer halben Drehung, stand. Nach den Erfolgen der letzten Saison ließen Auszeichnungen nicht lange auf sich warten: Im Sommer gewann Anna den ESPY-Award („US-Sport-Oscar“), im Oktober wurde sie bei der Lotterien-Sporthilfe-Gala zu „Österreichs Sportlerin des Jahres“ gekürt. Und auch als Werbefigur ist Anna inzwischen mehr als nur gefragt: So zählt die bildhübsche Kärntnerin mit dem gewaltigen Sprungvermögen wie u. a. auch Ski-Ass Anna Veith zum „Milka Olympia Team“, das im Februar in Pyeongchang Edelmetall holen soll. Bevor es im Dezember zur Dew Tour nach Breckenridge (USA) geht, zeigt die Ausnahmekönnerin derzeit noch bei den City-Events in Europa und Fernost ihre besten Tricks.

Interviews

Air Anna - voll auf Kurs
Interviews, 24. November 2017
Die neue Snowboardsaison begann am 11. November  so, wie die alte endete: Mit Anna Gasser in Überform. Beim Big Air Weltcup in Mailand, einem der großen City-Events, wiederholte die Kärntnerin ihren Vorjahreserfolg. Nur ein weiteres Indiz dafür, dass der neue ÖSV-Star bei den Olympischen Winterspiel… mehr >
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