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Interview mit Barbara Sukowa

Interview mit Barbara Sukowa
Veröffentlicht:
30.11.2010
"Die Entdeckung der Currywurst" am 8.12. im Ersten
Frau Sukowa, was für eine Frau ist Lena?

Normalerweise spiele ich im Film Frauen, die bekannt sind und deren Namen im Kopf des Zuschauers sofort ein Bild erzeugt, wie Rosa Luxemburg oder Hildegard von Bingen. Im Fall der Lena kann man sagen: "Das ist eine ganz normale Frau". Das finde ich spannend, denn ich glaube, dass "normale" Menschen ein genauso komplexes Innenleben haben wie berühmte Leute.

Man kann Lena nicht trennen von der Zeit, in der der Film spielt. In den letzten Kriegstagen ist man viel mit Tod und Gefahr in Berührung gekommen, da spitzen sich die Dinge zu und die Menschen riskieren mehr. In Friedenszeiten hätte sie anders darauf reagiert, dass ihr Mann und ihr Sohn nicht mehr da sind.

Lena ist auch nicht der Typ, der sich Männer sucht, jüngere schon gar nicht. Dass sie Hermann mitnimmt, um ihm eine warme Suppe zu geben, hat mit ihrem Sohn zu tun, dessen Schicksal sie in Hermann sieht.

Was dann gekommen ist, hat sich einfach ergeben. Durch die Einsamkeit, den Krieg, die Bomben und auch dadurch, dass die Frauen sich durch die Umstände der Zeit in gewisser Weise emanzipiert haben. "Die Entdeckung der Currywurst" will auch zeigen, dass die Menschen trotz des Leids genießen konnten und auch gute Momente hatten.

Doch als der gemeinsame Moment zu Ende ist, verlängert Lena ihn künstlich, als ob ihr etwas fehlen würde, wenn Hermann geht.

Ganz bestimmt. Die Beziehung mit Hermann hat eine gewisse Romantik, die sie mit ihrem Mann nicht hatte. Sie hat Träume, die sie nicht erfüllt bekam. Zumindest die romantischen Träume konnte sie mit dem jungen Mann erleben, und wenn er nun plötzlich verschwindet, dann gibt es ein Loch in ihrem Leben.

Also möchte sie die Situation erhalten, obwohl sie weiß, dass es keine gemeinsame Zukunft gibt. Sie riskiert etwas, um dieses Glück ein wenig zu verlängern.

Wie war die Zusammenarbeit mit Alexander Khuon und Ulla Wagner?

Sehr schön. Wir hatten uns sofort gut verstanden. Zu Beginn war der Gedanke, mit einem so jungen Mann als Partner zu arbeiten, nicht ganz einfach, aber es war überhaupt kein Problem. Alexander ist ein sehr witziger Mensch, der mich viel zum Lachen gebracht hat. Gerade bei den erotischeren Szenen hat das die Arbeit leichter gemacht.

Als Schauspieler hat man nur eine begrenzte Rolle. Es liegt an dem Regisseur, den Film zu gestalten. Er oder sie weiß, wie er am Ende aussehen soll. Da muss man als Schauspieler aufpassen, dass man offen ist für den Regisseur, der auch schon Vorstellungen von der Musik und dem Schnitt hat, die die Szenen mitgestalten.

Sie arbeiten nicht nur als Schauspielerin, sondern singen auch.

Ja, ich habe viel im klassischen Bereich gearbeitet. Damit habe ich Anfang der Achtzigerjahre begonnen. Damals habe ich in Amsterdam "Pierrot lunaire" von Arnold Schönberg gesungen, ein sehr schwieriges Stück. Aber es hat eingeschlagen und von dort ging es weiter.

Als ich in die USA gegangen bin, wollte ich nicht für Dreharbeiten so lange weg sein, da zu der Zeit meine Kinder noch klein waren. So habe ich mich auf die Musik konzentriert, da ich da zuhause üben kann.

Von Schönberg habe ich noch die Gurrelieder gemacht, aber auch Reinbert Deleeuws Adaptionen von Schumann und Schubert-Liedern mit dem Schoenberg Ensemble, für die wir den Echo-Klassik, den Edison und eine Grammy-Nominierung erhalten haben.

Inzwischen mache ich auch Rockmusik. Meine erste CD heißt "Barbara Sukowa and The X-Patsys".   

Kann man Sie demnächst auch wieder im Kino sehen?

Das wird noch etwas dauern, aber mit Margarethe von Trotta bereite ich einen Film über Hannah Arendt vor.

Interviews

Interview mit Barbara Sukowa
Interviews, 30. November 2010
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