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Piñero

Piñero
Teaser:
Kennen Sie Miguel Piñero? Wohl kaum, doch für Cineasten gibt es nun die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Diese Woche kommt die Verfilmung seines Lebens, "Piñero", mit Benjamin Bratt in der Hauptrolle in die deutschen Kinos. Piñero genießt in Amerika etwa den Kultstatus eines Che Guevera in deutschen Studenten-WGs. Zur Ikone wurde der intellektuelle Latino bereits in den 70er- und 80er-Jahren.
Veröffentlicht:
16.07.2002
Miguel Piñero kam 1946 als gebürtiger Puertoricaner zur Welt und wanderte als Kind mit seinen Eltern nach Amerika aus. Dort avancierte er im Laufe der Jahre zum New Yorker Schriftsteller, Performance- und Sprachkünstler, Vorläufer der Slam Poetry. Als er wegen Bagatell-Straftaten in Sing-Sing einsitzen musste und die dort gemachten Erfahrungen prompt in sein Autorenwerk einfließen ließ, gewann er an Popularität. Denn heraus kam das Theaterstück "Short Eyes", das sich am Broadway binnen kurzer Zeit zum Publikumserfolg mauserte und mehrere Auszeichnungen erhielt. Der charismatische Miguel Piñeo wurde damit praktisch zum Star, nahm Fernseh- und Kinorollen an - unter anderem in der Verfilmung seines Erfolgsstückes - und gründete mit seinem besten Kumpel das "Nuyorican Poets Cafe" im Lower East End von Manhattan. Diese Literatenschmiede existiert übrigens noch heute und fördert lateinamerikanische Künstler.

Doch dem Höhenflug folgte schon bald der unvermeidliche Absturz. Der labile Großstadt-Poet schien dem wachsenden Ruhm leider nicht gewachsen: Drogen und exzessiver Lebenswandel führten vermutlich zum frühen Aids-Tod des 41-jährigen Piñero im Jahre 1988. Und wie es eben so ist mit coolen Berühmtheiten, die relativ jung sterben, machte dieses Ende Miguel Piñero endgültig zur Legende.

Der kubanische Regisseur Leon Ichaso hat den Film hauptsächlich mit Videokameras gedreht, um den Bildern Dokumentarcharakter und Authentizität zu verleihen. Mal abgesehen davon, dass Hauptakteur Benjamin Bratt bei den Dreharbeiten seine heutige Ehefrau Talisa Soto kennenlernte, dürfte der Film auch sonst eine gewisse Zäsur im Leben des Hollywoodschönlings einläuten. Mit der Darstellung des abgründigen Latino-Idols findet nun Bratts Wechsel zum Charakterfach statt.

Bratt, der bislang eher wegen seiner früheren Liaison mit Julia Roberts Bekanntheit erlangt hatte, spielte in seinen Filmen meist den "Guten". Für die Rolle des Piñero nahm Bratt nicht nur rund zehn Kilo ab, sondern ließ sich von Piñeros Bruder den Gang Migueles beibringen. Außerdem verbrachte er einige Zeit mit Piñeros bestem Freund Miguel Algarin. Die Kritiken in den USA überschlugen sich bereits vor Begeisterung über Bratts darstellerische Kraft. Seine Hoffnung, zu Piñeros Unsterblichkeit ein Quentchen beizutragen, dürfte sich somit erfüllt haben.
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