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Fr, 31.05.2024 | 13:00-13:55 | Ö1

Punkt eins

Im US-Wahlkampf 2016 machten tausende Social-Media-Accounts vorgeblich amerikanischer Bürger:innen aggressiv Stimmung gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und für den späteren Wahlsieger Donald Trump. Deutlich weniger an russischen Feiertagen, wie eine Analyse der School of International and Public Affairs an der Columbia University in New York ergab. Die Zahl der Postings und Trumps Stimmungsbarometer sanken auch, wenn in St. Petersburg Schneefahrbahn herrschte. Dort befand sich die Kreml-nahe Firma "Internet Research Agency". Die gezielte Einflussnahme der "Troll-Fabrik", auch "Kreml-Bots" genannt, auf den demokratischen Prozess in den USA gilt mittlerweile als gesichert. Desinformation als Instrument der politischen Propaganda _ ob aus dem In- oder Ausland _ ist seither als reales Bedrohungsszenario in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Auch China, die Türkei oder der Iran sollen solche Methoden anwenden. Die serbische Partei SNS von Präsident Aleksandar Vucic nutzt Troll-Netzwerke, Fake-Webseiten und so genannte Social Bots als Teil ihrer Strategie, sich auf undemokratische Weise Vorteile in der politischen Arena zu verschaffen.Als Trolle bezeichnet man generell Akteure, die provokantes oder destruktives Verhalten im Netz an den Tag legen. Bots sind automatisierte Programme, die mehr oder weniger eigenständig im virtuellen Raum agieren _ etwa auch Postings absetzen. Beides kann zur gezielten Diskursmanipulation eingesetzt werden. Erst vor einigen Wochen haben französische Behörden eine russische Desinformationskampagne aufgedeckt, bei der versucht wurde, die westliche Unterstützung für die Selbstverteidigung der Ukraine zu unterminieren. Sowohl echte, russlandfreundliche Institutionen als auch gefälschte Medienportale und nicht zuletzt Fake-Accounts auf Social Media waren Teil der Aktion, so die Nachrichtenagentur AFP. Solche Versuche der Einflussnahme sind im Vorfeld der EU-Wahlen in mehreren europäischen Ländern im Steigen begriffen. Politikwissenschaftler:innen sehen zunehmend eine Gefahr für die Demokratie. Und die Abwehrstrategien lassen zu wünschen übrig. In den USA zitiert das staatliche internationale Nachrichtenportal "Voice of America" Expert:innen mit der Einschätzung, man sei für die bevorstehende Wahl "nicht besser gerüstet als 2016", Desinformationskampagnen im Netz entgegenzuwirken. Wie züchtet man Trolle? Eine Armee von Bots zu programmieren und damit schon eigene Themen zu setzen, Meinungen zu ändern oder Umfragen zu drehen _ so einfach ist es vermutlich nicht. Teil einer Strategie kann aber zum Beispiel sein, bestehende gesellschaftliche Gräben, deren es ja genug gibt, zu vertiefen. Oder auch das Vertrauen in Medien und Demokratie sukzessive zu untergraben. Wie genau das geht, welche Ressourcen dafür notwendig sind, wie Menschen und Maschinen dabei zusammenspielen und wie man digitale Diskursmanipulation erkennen und verhindern kann, darüber weiß Lucas Maximilian Schubert Bescheid. Er ist Mitglied des Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies (ACIPSS) in Graz sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Internationale Politik und Konfliktforschung der Universität der Bundeswehr München. Dort stellte er zuletzt ein umfassendes Kompendium zum Thema Online-Desinformation zusammen, das im vergangenen Herbst erschien. Über die wesentlichen Erkenntnisse und mögliche politische und gesellschaftliche Strategien für eine Troll-resistente öffentliche Debatte spricht Lucas Maximilian Schubert mit Xaver Forthuber und mit Ihnen: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

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