Oliver Twist
Kriminalfilm - GB/CZ/F/I 2005
Als der britische Schriftsteller Charles Dickens (1812-1870) seine Meisterwerke verfasste, oft in wöchentlichen Fortsetzungen für mehr oder weniger billige Blätter, galten sie bei den Literaten seiner Zeit als Schund. Es sollte einige Jahrzehnte dauern, bis die Kritiker Dickens' hervorragend geschriebene und stets auch sozialkritische Romane zu Klassikern kürten. Mit Roman Polanski war es ähnlich: Nach seinen früheren "künstlerisch wertvollen" Filmen verfiel er dem Hollywood-Kommerz, überstand den Skandal um die Ermordung seiner Frau, aber nicht den um die Minderjährige und die Betäubungstabletten - und flüchtete nach Europa, wo man ihn heute wieder gefahrlos als großen Künstler anerkennen darf. Da trifft es sich besonders gut, dass Polanski sich eines schon mehrmals für die Leinwand adaptierten Dickens-Stoffes annimmt und "Oliver Twist", die Geschichte vom armen Waisenjungen, neu verfilmt. Er hält sich dabei sehr ans literarische Vorbild und zeigt all die Schrecken der Armut im damaligen London, aber auch, wie Oliver Twist (Barney Clark) beim Gauner Fagin (großartig gespielt von Ben Kingsley) unterkommt und zum Taschendieb ausgebildet wird. Gut und Böse sind in diesem düsteren Film nicht in strengem Schwarzweiß gezeichnet, sondern mit verschwimmenden Grenzen - wie im wirklichen Leben und in guten Büchern. Wenn Sie sich eine Literaturverfilmung ansehen wollen, dann diese.