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Polt, Ostrowski und die „Vroni“

Polt, Ostrowski und die „Vroni“
© ServusTV, Florian Wieser

Veröffentlicht:
13.05.2022
Gerhard Polt und Michael Ostrowski im Interview zur neuen ServusTV-Dialektserie „Die Vroni aus Kawasaki“. Alpenländische Mundart trifft auf eine beliebte japanische Daily-Soap. Ein „Culture Clash“-Experiment der schrägen Art – und Synchronisation ohne Spaßbremse!

Ein bayerisch-steirisches Duo gibt der neuen ServusTV-Serie „Die Vroni aus Kawasaki“ den gewissen Kick: Michael Ostrowski, als Schauspieler und Regisseur im Comedy-Fach zuhause (z.B. gerade in der herrlich schrägen Gauner-Komödie "Der Onkel"), sowie Kult-Kabarettist Gerhard Polt aus Bayern, der am 7. Mai seinen 80er feierte. tele traf die beiden Humor-Koryphäen im Wiener Restaurant Oswald & Kalb, bei einem „exorbitanten“ Schnitzel, wie Gerhard Polt zwischenzeitlich zufrieden feststellte.

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tele: Wie kommt man auf die Idee, eine japanische Daily Soap per Dialekt-Synchronisation für das deutschsprachige Fernsehen aufzubereiten?

Gerhard Polt: Der Bua (Anm.: Gerhard Polts Sohn Martin Polt) war ein paar Tage in Tokio und sieht seinem Hotelzimmer ständig diese Serie. Er hat sich dann die Frage gestellt: Wenn man das synchronisiert, wie wird das dann? Und zwar nicht klassisch synchronisieren, sondern in einem Jargon, in einem Dialekt, dass die Leute reden wie bei uns. Das war seine Idee, und das hat mir gefallen. Dann hat er halt mal bei ServusTV angefragt. Und das hat sich dann – wie sagt man heute – wie ein Spreader (Polt spricht das Wort überzeichnet bayerisch aus: „Spredder“) verbreitet … (lacht)

Michael Ostrowski: Ein Superspreader!

Polt: Wir haben dann in einem Studio einen ersten Versuch gemacht, mit Michi und meiner langjährigen Partnerin Gisela Schneeberger. Uns hat’s gut gefallen, weil so, wie wir das gemacht haben, gibt es nichts Vergleichbares. Es gibt alle möglichen Synchronisationen, aber sowas aus dem Japanischen, das ist einmalig.

tele: Wie viel Vorerfahrung für Sprechrollen habt ihr mitgebracht? Ist das eine spezielle Challenge?

Polt: Ein großer Synchronisator war ich nie, nein, ich hab in meinem Leben nicht viel synchronisiert.

Ostrowski: Ich auch nicht, nein, gar nicht. Ich hab natürlich mich selbst öfter nachsynchronisiert. Fast für jeden Film wirst du ins Studio gerufen. Hatte ich gerade gestern erst für einen Netflix-Film. Sachen nachzusprechen klingt jetzt auch so banal, ist aber eigentlich ein ganz anspruchsvoller Job, wenn du es gut machen willst. Als Sprecher im Studio war ich schon oft, ich hab auch Werbungen gesprochen, mir hat das immer getaugt. Ich mag die Sprache an sich, ich arbeite gern damit, aber das war auch schon meine einzige Vorkenntnis.

tele: Wie frei wart ihr in euren Sprechrollen – oder war alles gescripted?

Polt: Wir haben uns die Freiheit zum Teil genommen. Natürlich sind wir an gewisse Grenzen gekommen, wenn du dir Freiheiten nimmst, kommst du auch an Grenzen. Aber wir haben versucht, Freiheiten auszuloten. Man muss sich ja vorstellen: Das ist japanisch, wird dann ins Deutsch übersetzt, vom Deutschen dann in die Dialekt-Version – und dann wird das Ganze noch einmal frei interpretiert. Da gibt es natürlich viele Freiheiten. Schon die, die das dialektal übertragen haben, hatten gewisse Freiheiten. Und wir haben uns noch unsere Freiheiten genommen. Aber nicht, um das Ganze zu verarschen, sondern eher um es zu erweitern. Sozusagen mit unseren Möglichkeiten, unseren Sprachschöpfungen. Man muss da vieles ausprobieren, es muss muss ja mundegerecht bleiben, die Gesetze der Synchonisation ändern sich ja nicht.

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tele: Wie groß war die Gefahr, dass man über das Ziel hinausschießt, zu sehr blödelt?

Polt: Es ist wichtig, dabei diszipliniert zu bleiben. Und wir waren diszipliniert. Wir wollten das wie gesagt nicht verarschen. Wir haben es ernst genommen und wollten im Rahmen bleiben. Wir wollten es verbreitern, lukrativ machen. In dem Moment, in dem du dich da drüber setzt und das nur noch als Vehikel benutzt, tust du deiner eigenen Arbeit keinen Gefallen.

Ostrowski: Wenn da im Spital ein Baby zur Welt kommt und die zwei Krankenschwestern reden sächsisch – was gar nicht unrealistisch ist, weil viele Krankenschwestern aus dem Osten schon im Westen gearbeitet haben – dann hat es schon einen eigenen Humor. Den soll es auch haben, es ist ja auch die Originalserie nicht humorfrei, das ist nicht alles bierernst.

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tele: Das Original hat also auch sowas wie einen japanischen Schmäh …?

Ostrowski: Man sieht das auch im Spiel. Wir müssen es halt für uns übersetzen. Sonst ist es 1:1 eine normale Serie, die auch in Deutsch rennt. Das Spannende ist, das wir es für uns noch einmal neu interpretieren und dem Ganzen ein Eigenleben geben. Und natürlich besteht der Humor darin, dass wir denen was eigenes Dialektales in den Mund legen, was die Serie in dem Sinn nicht hat. Es das ja auch der Sinn der Sache.

tele: Wir sind ja in Österreich an „maschek“ gewöhnt, die gehen im Satire-Fach aber noch etwas weiter, oder?

Ostrowski: Es ist schon mit „maschek“ vergleichbar, weil wir dem, was wir sehen, eine neue Bedeutung geben. Es ist ja auch bei „maschek“ nicht immer nur Verarsche, es geht oft tiefer. Wenn ich etwas von „maschek“ sehe, trifft das oft den Kern der Sache. Humor kann ja den Kern der Sache treffen, man darf das nicht immer verphilosophieren. Es ist einfach lustig: Wir nehmen eine japanische Serie und hauen unseren Dialekt drauf.

tele: Hätte das mit einer südamerikanischen Telenovela genauso funktioniert? Oder hat eine japanische Serie mehr exotisches Flair? Bei uns läuft ja normalerweise keine Daily Soap aus Japan.

Polt: Schwer zu sagen. Wir haben diese Menschen reden lassen, wie wir glauben, dass sie in der Logik dessen, was sie machen, belassen. Aber das Ambiente ist so wie es ist, darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Und dann wird’s halt schräg, weil du hast ein Ambiente, das es bei uns so nicht gibt, und hast Leut, die so reden, wie man bei uns reden könnte.

tele: Was war eure erste Reaktion auf die Idee, genau diesen Stoff für eine Dialekt-Umsetzung zu verwenden?

Ostrowski: In Japan hat es anscheinend Tradition, dass bei solchen Serien immer ein junges Mädchen im Zentrum steht. Und es ist spannend, wie sich die Hauptrolle weiterentwickelt. Die Geschichte handelt von ihrem Leben, zuerst im Mutterleib, als Baby, sie geht dann zur Schule, hat durch einen Gehörschaden Hörprobleme, will Manga-Zeichnerin werden – ich hab das ehrlich gesagt interessant gefunden, weil ich es nicht kannte, eine Geschichte so zu erzählen. Das ist aus dem Leben einer Familie gegriffen, und ist eigentlich ziemlich gut gemacht.

tele: Stellt man sich bei so einer Produktion im Studio nicht besonders häufig die Frage: Wie wird das bloß beim TV- und Streamingpublikum ankommen?

Polt: Das wissen wir nicht. Das wird eine Überraschung für die Leut, für uns war’s auch eine Überraschung. Wir hoffen, dass die Gaudi, die wir g’habt haben, dass die diese Schrägheit hat, die die Leute anspricht.

Ostrowski: Es ist wie immer, wenn man eine Komödie oder etwas Ähnliches macht. Man muss es zuerst für dich selber machen, und dann hoffst du, dass es dem Publikum gefällt. Manchmal kannst du es mehr abschätzen, manchmal weniger. Aber wissen kannst du es in Wirklichkeit nie.

tele: So ein Projekt ist aber doch in hohem Maße ein Experiment …

Polt: So ist es, es war ein Experiment.

Ostrowski: Den Plan, das zu machen, gibt’s ja schon seit drei, vier Jahren. Plötzlich wurde es spruchreifer. Aber es ist natürlich ein Vertrauensvorschuss vom Sender, ganz klar.

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tele: Zehn Folgen sind produziert, insgesamt gibt es 156 Folgen. Ob es mit eurer Umsetzung weiter geht, hängt von der Quote ab. Wird’s einfach, weitere Termine zu finden?

Ostrowski: Wenn es weitergeht, werden wir schon einen Termin schaffen, das kann ich garantieren.

tele: Ihr habt Anfang der 2010er Jahre schon zusammen die Komödie „Und Äktschn!“ gedreht, Gerhard Polt spielt auch in deinem neuen Kinofilm „Der Onkel – The Hawk“ mit. Gab es noch andere gemeinsame Projekte?

Ostrowski: Ich hab einmal in einer Kabarettaufzeichnung für ServusTV backstage eine kleine Szene gespielt. Da haben wir uns arbeitstechnisch wieder getroffen. Wir waren aber immer irgendwie in Kontakt und haben uns privat gesehen, es ist nie ganz abgerissen. Und dann hat eben Gerhard in „Der Onkel“ mitgespielt, der ja schon vor zwei Jahren gedreht wurde. Kennengelernt haben wir uns ursprünglich über Frederik Baker, der „Und Äktschn!“ gedreht hat, und leider schon verstorben ist. Dann hat die Zusammenarbeit nie ganz aufgehört, und so sitzen wir heute gottseidank bei einem Schnitzel. Das ist eine wirklich schöne Fügung, muss ich echt sagen.

tele: Erst Corona, jetzt der Ukraine-Krieg – wie schwierig ist es gerade Kabarett zu machen oder Comedy-Sendungen zu produzieren?

Polt: Karl Valentin hat einmal über die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg in München gesagt: Warum kommen die Engländer zu uns und bombardieren hier, und dann fliegen die Deutschen nach London und bombardieren dort. Es wär doch viel einfacher, wenn die Engländer London bombardieren und wir München … Wenn man grotesken Situationen ausgeliefert ist, und trotzdem irgendwas zum Lachen findet, dann ist das eine Gnade.

tele: Machen Sie mit 80 als Kabarettist ungebremst weiter, oder planen Sie, etwas kürzer zu treten?

Polt: Ganz im Gegenteil, ich mach weiter. Ich hatte gerade Auftritte in Hamburg und in der Nähe von Zürich. Im Herbst machen wir in den Münchner Kammerspielen wieder eine Revue, mit Freunden. Das ist noch im Entstehen, die Texte müssen noch geschrieben werden, aber die Thematik, die Grundvorstellungen haben wir schon.

tele: Danke für das Gespräch!

Zu sehen ist „Die Vroni aus Kawasaki“ ab Sa., 14.5. (22.00 Uhr, „Making of“ und Folgen 1 & 2) und danach Freitags (22.10 Uhr) in Doppelfolgen auf ServusTV und auf ServusTV On, der Video- und Streaming Plattform von ServusTV.

www.servustv.com

Zur Serie: Ein schräges Setting, erstklassige Dialogbücher und markante Stimmen garantieren humorvolles Vergnügen der Extraklasse. Und am Ende wird, trotz augenscheinlich unterschiedlichen Welten, die dabei aufeinandertreffen, klar, dass wir doch alle Menschen sind und über ähnliche Dinge lachen und weinen. Neben Gerhard Polt, seiner langjährigen Comedy-Partnerin Gisela Schneeberger und Österreichs Comedy-Multitalent Michael Ostrowski sind Moderator und Sprecher Benedikt Weber sowie Schauspielerin und Sprecherin Eva-Maria Reichert in wichtigen Rollen zu hören. Gastrollen übernehmen auch Schauspieler Christian Tramitz, Christiane Blumhoff, Paul Sedlmaier und ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider.
Eine Produktion der Panther GmbH für ServusTV, nach einer Idee von Martin Polt.

Kinotipp

Der Onkel – The Hawk

Regie & Buch: Michael Ostrowski, Helmut Köpping

Mit Michael Ostrowski, Anke Engelke, Hilde Dalik, Simon Schwarz, Gerhard Polt u.v.m.

Herrlich schräge Gauner-Komödie. Seit 6.5. in den österreichischen Kinos!

 

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