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Interview mit Iris Berben

Interview mit Iris Berben
Veröffentlicht:
07.06.2011
"Niemand ist eine Insel"
Mit der Filmdiva Sylvia Moran verkörpern Sie erstmals selbst eine Schauspielerin – was haben Sie von sich selbst in die Rolle mit hinein genommen?

Wenn man eine lebensnahe Rolle spielt, ob es eine Mutter, eine politische Frau oder eben eine Schauspielerin ist, kann immer einen Teil der Erfahrung, die man selbst macht, als Wissensgrundlage in die Figur einfließen. Auf dieser Grundlage baut man dann seine Rollen auf. Ich setze mich mit Figuren auseinander. Ich kenne Mechanismen, Ängste, Druck – da muss ich nicht in fremden Teichen fischen. Insofern benutze ich zwar ein gewisses Grundwissen, und doch hat die Figur nichts mit mir zu tun und ich nehme auch nichts von mir mit in die Rolle hinein.

Sylvia Moran steht unter enormem Druck seitens Medien, Produzenten und Öffentlichkeit, fast scheint es, als sei die Wahrung der Fassade wichtiger als ihre künstlerischen Leistungen. Wie kann ein Mensch solch einen Druck aushalten, wie geht man damit um?

Ihre künstlerische Leistung bleibt ja gewahrt, gerade weil sie die Fassade aufrecht erhält, sie ist nur möglich unter diesem enormen Druck – da laufen zwei Dinge parallel: Sie möchte der Rolle gerecht werden, über die sie sich lange Zeit definiert hat, die wirklich eine Wunschrolle ist und ist gezwungen, dafür dem Druck der Medien, des Produzenten und der Öffentlichkeit standzuhalten.

Dahinter steckt ein sehr großer künstlerischer Anspruch! Der wirkliche, innere Druck ist ein anderer, nämlich dass ihre Tochter mit einer schweren Krankheit im Krankenhaus liegt und sie völlig zerrissen ist: Sie will auf der einen Seite bei ihrem Kind sein, auf der anderen Seite aber weiß sie um die geforderte Disziplin in ihrem Beruf und darum, was da zusammenbrechen würde.

Sylvia ist eine Figur, die sich sehr stark über den Erfolg in ihrem Beruf definiert. Ihre Definition davon, wer sie ist, wann sie glücklich ist, hängt mit ihrem Erfolg als Schauspielerin zusammen. Sie hat sich entschieden für diesen Beruf. Und in dem Moment, in dem sie merkt, dass sie älter wird und dass sie nicht endlos so weiterarbeiten kann, kommt das Fazit: War es das jetzt, war es das wert, ein Leben lang für die Karriere? Das Kind, die Liebe und die Nähe von Menschen sind auf der Strecke geblieben, alle um sie herum reagieren nur auf Zuruf, auf Fingerschnipsen. In diesem Moment bricht sie weg.

Sie stehen selbst in der Öffentlichkeit – schätzen Sie die Darstellung der tragischen Elemente in der Geschichte, die schließlich zu Sylvias Zusammenbruch führen, als realistisch ein?

Ich glaube, es ist realistisch dargestellt in dem Sinne, dass jemand sagt: Ich kann damit nicht mehr umgehen, es wird mir zu viel. Ich glaube nicht, dass das übertrieben ist. Es gibt ja einige Beispiele von großen Schauspielern, großen Diven, die sich entweder ganz aus der Öffentlichkeit zurückgezogen haben, oder, man denke an Hildegard Knef, bei der sich irgendwann der Körper durch Krankheit versucht hat, bemerkbar zu machen.

Sylvia Moran ist innerlich zutiefst zerrissen, eine tragische Figur – ist solch eine gebrochene Persönlichkeit typisch für große Künstlerpersönlichkeiten?

Man sagt ja häufig, dass ganz große Ausnahmekünstler im Grunde all ihre Bereitschaft in die Kunst gegeben haben. Manches Mal sind ja ganz große Künstler gar nicht fähig, in einer Gemeinschaft zu leben – der Rückzug, der Alkohol, psychische Krankheiten, Drogen, all das spielt immer wieder eine Rolle. Man kann sicher darüber nachdenken, inwieweit das der Versuch ist, mit sich selbst fertig zu werden. Es gibt Menschen, die von solch einer Leidenschaft ihrem Beruf gegenüber sind, und das oft mit einer großen Einsamkeit oder absolutem Rückzug bezahlen. Große Schriftsteller zum Beispiel, die überhaupt nicht in der Lage waren, menschlich in irgendeiner Weise zu kommunizieren. Die ihren ganzen Fokus auf ihr Können gelegt haben.

War die Sylvia Moran für Sie eine Traumrolle? Wenn ja, warum? Waren Sie als Vertraute Johannes Mario Simmels so etwas wie seine Wunschbesetzung für die Rolle?

Ich war für Johannes Mario Simmel eine Wunschbesetzung, aber es ist keine Traumrolle. Ich kenne keine Traumrollen. An die Stoffe, für die ich mich entscheide, gehe ich immer mit der gleichen Leidenschaft, mit der gleichen Lust und Freude heran. Die Wahrhaftigkeit, die Leidenschaft und die Ernsthaftigkeit, die ist bei jeder Rolle gleichermaßen da.

Interviews

Interview mit Iris Berben
Interviews, 07. Juni 2011
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