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"Böse sind recht effektiv"

"Böse sind recht effektiv"
Veröffentlicht:
04.04.2008
Interview mit Christoph Waltz
Sie sind in Wien geboren, leben seit 20 Jahren in London. Viele katholische Kirchen gibt es da nicht. Haben Sie eine in der Nähe, wo Sie beichten können?
Christoph Waltz: Ich brauche keine katholische Kirche, und ich brauche auch nicht zu beichten.

... Sie haben also ein reines Gewissen.
C.W.: Sozusagen.

Im neuen Film "Das Jüngste Gericht" sind Sie Polizist, der gegen eines der Zehn Gebote verstößt und zur Beichte geht. Was hat Ihnen an diesem Projekt gefallen?
C.W.: Mir hat erstmal nicht so viel gefallen, das Buch zum Beispiel. Ich wurde aber in einem Stadium gefragt, in dem noch alles sehr flexibel war. Wir konnten also an der Sache arbeiten.

Ermittlerrollen gelten schauspielerisch als unkompliziert. Sie spielen Kommissar Peters, einen ehrgeizigen und stets korrekten Polizisten. Was ist das Besondere an ihm?
C.W.: Interessant war, dass er in ziemlich komplizierten Prozessen steckt. Ich rede eigentlich ungern über meine Rollen, weil das nicht nur meinen Überzeugungen widerspricht, sondern auch gar nicht mein Job ist, über eine Sache zu reden. Mein Job ist, die Sache zu machen.

Der Film thematisiert den Mörder, der sich anmaßt, im göttlichen Auftrag zu handeln. Ist die Figur vorstellbar oder bloß ein Phantasieprodukt?
C.W.: Alles. Sie ist ein Phantasieprodukt, natürlich, weil sich der Autor das so ausgesucht hat. Es gibt nichts, was es nicht gibt in der Realität. Filme haben aber nicht die Aufgabe, die Realität abzubilden. Genauer: sie können gar nicht die Realität abbilden. Es ist natürlich vorstellbar, dass in Wirklichkeit so eine Figur existieren könnte. Es gibt auch viel Schlimmeres.

"Das Jüngste Gericht" wartet mit vielen drastischen Bildern auf. Ist Blut der Preis für Quotenerfolg? Oder hätte der Film auch mit weniger Gewalt und expliziten Grausamkeiten funktioniert?
C.W.: Es kommt immer auf die Darstellung an. Ein bestimmtes Maß an Gewalt ist möglicherweise nötig, wenn der Film von Gewalt und von der Bekämpfung von Gewalt handelt.

Die Bösen haben Sie schon alle gespielt. Amokläufer, Serienkiller, Psychopathen, Entführer. Gibt es noch eine Steigerung, den Bösen, den sie noch nicht in Ihrer Filmografie haben?
C.W.: Die Frage ärgert mich. Die Bösen sind recht effektiv, was die PR betrifft. Ansonsten habe ich sicher dreimal so viel Nicht-Bösewichter gespielt in meiner Karriere wie Bösewichter.

Das Rollenklischee hat mit dem Schauspieler nichts zu tun, sondern mit dem Mangel an Fantasie derer, die mit Casting zu tun haben. Ich habe unglaubliches Glück gehabt, so viele verschiedene Sachen zu machen, ich habe sowohl am Theater als auch im Film wirklich quer durch meine Möglichkeiten gespielt.

Welche Rollen sind interessanter, die Verbrecher oder die kaputten Charaktere?
C.W.: Die interessanten Rollen sind die interessanteren. Nur weil man ein Verbrecher ist, ist das noch lange keine gute Rolle, und weil eine Rolle gut ist, muss das kein Verbrecher sein. Also, das kann man nicht festnageln.

Und wie stehen Sie zu Komödien? Eine Herausforderung – oder bloß Abwechslung?
C.W.: Die Komödie – das ist eigentlich die Herausforderung an sich.

Interviews

"Böse sind recht effektiv"
Interviews, 04. April 2008
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