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Another Country

Another Country
Teaser:
Jaja, wir werden alle nicht jünger: nachzuprüfen im 1984 gedrehten Schüler-Drama "Another Country" mit Rupert Everett und Colin Firth. Kaum zu glauben, dass dieser Film 20 Jahre auf dem Buckel hat. Trotz ihrer Adoleszenz (Everett: damals 25 Jahre alt, Firth: 24 Jahre alt) spielten sie bereits wie alte Hasen. Immerhin war dies der allererste Filmauftritt Colin Firths.

Veröffentlicht:
05.08.2003
Doch zunächst zum Inhalt: Great (old) Britain in den dreißiger Jahren. In den privaten Elite-Schulen keine Spur vom Zwanzigsten Jahrhundert, es herrschen die autoritären Klassen- und Herrschaftssysteme einer stockkonservativen britischen Gesellschaft. Die Schüler der unteren Klassen müssen die Älteren gehorsam bedienen, ältere Schüler können auftsteigen zu Präfekten und Lords und genießen mehr Macht und Ansehen als die "gewöhnlichen" Lehrer des Instituts. Körperliche Züchtigung ist gang und gäbe.

Die heranwachsenden Jungs haben keinerlei Kontakt zum weiblichen Geschlecht und neigen auf der Suche nach sexuellen Erfahrungen und ein bisschen Nähe zu homosexuellen Affären. Die werden von der bigotten Schüleröffentlichkeit akzeptiert, so lange alles heimlich und diskret abläuft.

Besonders eifrig tut sich hier der Dandy Guy Bennett (Rupert Everett) hervor, der seine Mitschüler reihenweise flach legt und seine schwulen Neigungen keineswegs nach außen hin verleugnen mag. Zugleich wünscht er sich nichts mehr, als demnächst von seinen dünkelhaften Altersgenossen - die er wegen ihrer Spießigkeit zutiefst verachtet - zum Präfekt oder gar Lord gewählt zu werden.

Der beste - oder auch einzige - Freund Bennetts ist Tommy Judd (Colin Firth), der das englische Gesellschafts- wie Schulsystem verabscheut und nachts heimlich das "Kapital" verschlingt, als sei es ein Abenteuerroman. Beide - der Schwule und der Kommunist - sind die absoluten Außenseiter unter den versnobten Oberklassen-Kids.

Intrigen und Klüngelei führen schließlich dazu, dass weder der eine noch der andere eine führende Position einnehmen können. Während Judd sich dem ganzen System ohnehin am liebsten verweigern würde, empfindet Bennett die Ablehnung seiner Person als derart kränkend, dass er später zum Landesverräter wird.

Der Film, fast ein Vorläufer des "Club der toten Dichter", stellt die gewagte These auf, dass mehr als jede soziale Einstellung Gefühle und Sexualität im Leben eines Heranwachsenden seine Geisteshaltung beeinflussen können. Die Figuren beruhen auf lebenden Vorbildern: Guy Bennett etwa ist dem Doppelspion Guy Burgess nachempfunden, Tommy Judd hingegen steht für die Linken John Cornford und Esmond Romilly, die beide später im Spanischen Bürgerkrieg kämpften.

Ursprünglich ein Bühnenstück, sorgte das Drama "Another Country" von Julian Mitchell in Großbritannien in den 80ern für enormen Wirbel. Colin Firth hatte übrigens vor der Verfilmung - noch als Schauspielschüler - im Theaterstück als Guy Bennett auf der Bühne gestanden. Sein Kumpel Rupert, der sich diese Rolle für den Film bereits gesichert hatte, überzeugte Firth schließlich, sich für den Tommy Judd zu bewerben. Gemeinsam standen sie noch öfter vor der Kamera: Etwa in "Shakespeare in Love" (1998) oder "Ernst sein ist alles" (2002). Ein echtes Dream-Team, das den vorliegenden Film zu einem mitreißenden Drama macht.

Schade, dass auf der DVD außer etlichen Textwüsten zum Hintergrund der geschichtsträchtigen Handlung kaum erwähnenswerte Extras zu finden sind. Ein aktuelles Interview mit Firth und Everett wäre sicherlich eine amüsante Bereicherung gewesen. Trotzdem - ein sehr schöner Film, nicht nur für Fans des charismatischen Rupert Everett.

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