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Cannes von Haneke bis Campion

Cannes von Haneke bis Campion
© Picturedesk
Veröffentlicht:
24.05.2017
Beim Filmfestival treiben sich heuer auch zahlreiche TV-Stars herum. Wir haben den Überblick.

Heuer zeigt Cannes auch Serien: Hinter „Top of the Lake: China Girl“ steht Regisseurin Jane Campion, die hier 1993 mit „Das Piano“ die goldene Palme gewann, übrigens als erste und bis heute einzige (!) Regisseurin. Elisabeth Moss („Mad Men“) spielt in der zweiten Staffel der Miniserie erneut eine hartnäckige Ermittlerin, die nicht aufgibt, bis der Fall gelöst ist, auch wenn sie das Privatleben ziemlich heftig auf Trab hält. Der Fall einer ermordeten asiatischen Prostituierten, die in einem Koffer an Land gespült wird, fordert ihren Kampfgeist heraus. Gleichzeitig lernt sie ihre Tochter kennen, die sie zur Adoption freigegeben hat, und auch das hat irgendwie etwas mit dem Fall zu tun … Eine knallharte Serie, genau beim Hinschauen, immer auf der Seite der Unterdrückten, sehr spannend und auch liebevoll komisch. Tatsächlich eine Serie mit Spannung und Weltanschauung.

Weltanschaulich geoutet hat sich bei seiner Masterclass in Cannes auch Clint Eastwood, der behauptete, Political Correctness hätte dazu geführt, dass die Leute ihren Sinn für Humor verloren haben. Aber schließlich ist Eastwood Schauspieler und Filmemacher, nicht Comedian.

Happy End?

Im Wettbewerb sorgte Michael Hanekes Drama „Happy End“ bei der Kritik für gespaltene Reaktionen– manche beschrieben die Story um einen alten Familienpatriarchen (Jean-Louis Trintignant) und seine eigenwilligen wie todesgetriebenen Verwandten (u.a. Isabelle Huppert) gar als Komödie im Haneke-Fach. In der Nebenschiene „Semaine de la Critique“ lief die österreichische Koproduktion „Tehran Taboo” des in Deutschland lebenden iranischstämmigen Regisseurs Ali Soozandeh, ein animierter Film über eine Gruppe von Menschen, die durch die rigiden sexuellen Tabus des Landes allerhand Probleme haben: Eine Prostituierte, eine schwangere Frau, und eine junge Frau, die vorehelichen Sex mit einem Musiker hatte und nun seine Hilfe braucht. Das Drama zeigt die moralischen Grauschattierungen zwischen Opfer und Tätern.

Der Punk und das Mädchen aus den Sternen

Für einen musikalischen Ausreißer aus dem Arthouse-Kino sorgte John Cameron Mitchell („Shortbus“), der mit „How to talk to girls at parties“ eine Kurzgeschichte des Bestseller-Autors Neil Gaiman und damit unabsichtlich auch ein bisschen dessen Jugend verfilmte. Darin verliebt sich ein Teenage-Punk in ein seltsames Wesen, das offenbar von einem anderen Stern stammt. In Cannes berichtete Neil Gaiman, dessen Buch „American Gods“ gerade als Serie angelaufen ist, dass auch eine mehrteilige Verfilmung des Kultromans „Good Omens“ in Arbeit ist.

Stars in Kürze

Weitere Highlights: Noah Baumbachs Familienporträt „The Meyerowitz Stories” mit Ben Stiller, Adam Sandler und Dustin Hoffman sowie der gelungene winterliche Thriller „Wind River“ bei dem „Sons of Anarchy“-Star Taylor Sheridan Regie führte, die Hauptrollen spielen Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, eine Leiche und viele Skimobile. Zwei weitere US-Darstellerinnen zeigen in Cannes Filme: Superstar Kristen Stewart ihren Erstlingskurzfilm „Come Swim“, sowie Robin Wright den Kurz-Film-noir „The Dark of Night“.

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