0%
 

Viennale 2016: Die Highlights

Viennale 2016: Die Highlights
Veröffentlicht:
20.10.2016
Christopher Walken um Mitternacht? Isabelle Huppert, frisch in Scheidung? Amy Adams und die Außerirdischen? Natalie Portman als Medium in Paris? Oder doch eine Doku über Iggy Pop? Der tele-Guide für ein feines Festivalerlebnis.

Von 20. Oktober bis 2. November herrscht in Wien wieder der freundliche Filmwahnsinn. Menschen mit seltsamen Taschen und großen Augenringen stolpern in der Innenstadt von Festivalkino zu Festivalkino und träumen nachts von Untertiteln. Auch heuer wieder beeindruckt die Viennale mit einem gelungenen Querschnitt durch’s diesjährige Filmschaffen.

Wer Kunstkino-Blockbuster will, wird u.a. mit Denis Villeneuves Alien-Sc-Fi-Film „Arrival“ gut bedient, hier versuchen sich Amy Adams, Jeremy Renner und Forest Whitaker in der Kommunikation mit anfangs durchaus wohlwollenden Außerirdischen.

Arrival:

 
 

 

V16avenir06In „L’Avenir“ zeigt die geniale französische Filmemacherin Mia Hansen-Løve Isabelle Huppert gelassen in einer Lebensphase voller Umbrüche. Huppert ist auch in Paul Verhoevens umstrittenem Thriller „Elle“ zu sehen. Natalie Portman und Lily-Rose Depp spielen in Rebecca Zlotowskis „Planétarium“ zwei Schwestern, die in Paris gegen Eintritt Séancen abhalten und so zum Film kommen. 

Die junge US-Indie-Ikone Kelly Reichardt schickt in „Certain Women“ Kristen Stewart und Michelle Williams auf eine Lebenserkenntnis ins ländliche Oregon. Williams ist auch in „Manchester by the Sea“ von Kenneth Lonergan zu sehen.

Manchester by the Sea:

 
 

 

Ken Loach in Cannes umjubeltes Sozialdrama „I, Daniel Blake“ sollte man nur mit ausreichenden Mengen an Taschentüchern besuchen. Aber es lohnt. Wer Lust auf Musiklegenden hat, wird wie jedes Jahr auf der Viennale auch gut bedient: In „Miles Ahead“ setzt Don Cheadle Miles Davis ein unterhaltsames filmisches Denkmal und spielt ihn auch gleich selbst. Ein Film-Schwerpunkt zu den Kinks wird Fans erfreuen (u.a. mit „Kinkdom Come: Dave Davies“).

Klassiker von Hitchcock bis Ciminio

V16catchme03Wem so viel neues Kino gach zu viel ist, der kann sich vertrauensvoll ins Filmmuseum zur Retrospektive „Ein zweites Leben“ begeben und dort ein Wiedersehen mit Filmen von Alfred Hitchcock „The Man Who Knew too Much“, Roberto Rossellini („Viaggio in Italia“) und dem legendären Howard Hawks („To Have and Have Not“) feiern.


Christopher Walken, wohl der sympathischste Bad Guy der Filmgeschichte, bekommt heuer ebenfalls ein Tribute, wo man sich immerhin legendäre Klassiker wie „The Dead Zone“ von David Cronenberg und „The Deer Hunter“ von Michael Cimino in stimmungsvoll passenden Spätvorstellungen zu Gemüte führen kann.


Was auch heuer wieder bei der Retro auffällt: Es sind so gut wie keine Filme von Regisseurinnen zu sehen. Auch bei den Spielfilmen ist mit einem Männeranteil von 86,5% noch deutlich Luft nach oben (hier wurde gezählt: http://www.marian.pub/blog/2016/10/19/viennale-in-numbers-directors-directresses/).

Wem Mitternachtskino zu spät ist, dem sei inniglich der Frühstücksfilm „Paterson“ von Jim Jarmusch ans Herz gelegt, hier kann man Adam Driver bereits um 6.30 beim Aufstehen zuschauen.

 Paterson:

 
 

 

V16gimme02bFür die richtig große Reise um die Welt im Kopf ist naturgemäß der Dokumentarfilm zuständig. Empfehlenswert sind hier u.a. „Auf Ediths Spuren“ über die Fotografin und Geheimagentin Edith Tudor-Hart, „The Bad Kids“ über eine US-Highschool, die mitten in der Mojave-Wüste versucht, Kids aus prekären Verhältnissen einen Schulabschloss zu ermöglichen. Musikalische Inspiration gibt’s bei „Daft Punk Unchained“, „Eat That Question – Frank Zappa in His Own Words” und “Gimme Danger”, der Iggy-Pop-Doku von Jim Jarmusch himself. Nikolaus Geyrhalters geniale Doku „Homo Sapiens“ besucht völlig menschenverlassene Orte und verleitet zur Meditation über das Menschsein an sich. Die geniale Filmemacherin Su Friedrich wiederum porträtiert in „I Cannot Tell You How I Feel” sehr ehrlich und durchaus auch komisch das Leben mit ihrer immer vergesslicher werdenden Mutter.

Party ohne Ende

Ein Besuch im Viennale-Festivalzentrum in der Dominikanerbastei 11 in 1010 Wien lohnt jeden Abend. Nicht nur wegen des musikalischen Programms (u.a. „Club mit Halloween am 31.10.), sondern auch wegen der lustigen Filmdiskussionen, die sich dort naturgemäß nach zwei Bieren auch unter einander wildfremden Gästen und Filmmenschen entspinnen.
Und wer weiß, vielleicht laufen einem da auch Stargäste wie August Diehl, Moon Zappa, Luc Dardenne, Abel Ferrara oder Patti Smith über den Weg.

Ticket-Tipp

Unser Profi-Tipp für Nervöse bzw. Zaudernde beim Ticketkauf: Wer wirklich will, bekommt für jeden Film eine Karte. Erstens gibt es an der Abendkassa immer Wartelisten und auch Menschen, die zuviele Tickets haben, zweitens kommen nie alle Menschen, die Karten reserviert haben, zumal z.B. der Saal des Gartenbaukinos 763 Sitzplätze hat. Durchhaltevermögen lohnt also.

Alle Infos & Tickets gibt’s hier: www.viennale.at 

Hier gibt es auch noch ein Viennale-how-to für Mutige & Planlose: http://www.vice.com/alps/read/viennale-2016-programm-methoden-filme-aussuchen

von Julia Pühringer

10.61.5.113