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Interview mit Schauspielerin Brigitte Hobmeier

Interview mit Schauspielerin Brigitte Hobmeier
Veröffentlicht:
03.05.2011
"Vielen Hebammen spricht der Film aus der Seele"
Warum wollten Sie diese Rolle spielen?
Ich habe das Drehbuch gelesen und hatte sofort das Gefühl: Das ist meine Rolle, diese Rolle muss ich spielen. Die Verquickung des Lebens einer realen Person und der Thematik, die sich darin spiegelt, passt wahnsinnig gut in ein Spielfilmformat. Mich persönlich hat auch sehr gereizt, dass es ein Kostümfilm ist, der in einer anderen Zeit spielt. Die Kämpfernatur und die ganze Tragik der Figur Rosa Koelbl fand ich faszinierend.

Fiel es Ihnen schwer, sich in die Rolle der Rosa Koelbl hineinzuversetzen?
Natürlich gab es einen großen Arbeitsprozess. Aber ich hatte direkt den Impuls: Ich kenne diese Figur, ich weiß, wie man sie spielt. Vom ersten Augenblick an war da ein tiefer Kontakt zu dieser Figur. Ich bin selbst mit zwei Hebammen befreundet und kenne daher die besondere Art dieser weisen und starken Frauen. Es ist toll, dass einer solchen Frau in dem Film Wort gegeben wird.

Ihre Rolle besticht durch ausdrucksvolle Mimik und Gestik. Wie ist es Ihnen gelungen, die kluge, zeitweise leidende und kämpferisch-trotzige Figur der leidgeprüften Hebamme so bewegend darzustellen?
In erster Linie sind Dramatik und Konflikte bereits im Drehbuch beschrieben. Wenn man sich auf eine Figur einlässt und eng mit Partnern und Regie zusammenarbeitet, dann liegen die Konflikte offen da und sind spielbar. Beim Film wird in der Regel nicht chronologisch, sondern kreuz und quer gedreht. Der erste Drehtag war die Szene, in der wir zurück ins Dorf kommen. Für mich ergibt sich manchmal das Gefühl einer mathematischen Aufgabe, bei der es Entscheidungen zu treffen gibt, und zusammen mit der Regisseurin habe ich schließlich einen Weg gefunden, den wir beide in der Figur sehen. Mir war dabei das Standing der Frau wichtiger als ihr Leid. Es gibt im Film zwei Augenblicke, in denen Rosa Koelbl zusammenbricht und Schwäche zeigt: als das Mädchen stirbt, weil an ihr ein Kaiserschnitt ausprobiert wird, und als sie ins Dorf zurückkehrt und hört, dass die von ihr im Stich gelassenen Bäuerin während ihrer Abwesenheit gestorben ist. Auch im wahren Leben bringt Jammern und Lamentieren nichts. Sich dagegen aktiv zu entscheiden, dem Leben zu begegnen, das erfordert Mut. Vor allem als Frau erfordert es viel zu sagen: Nein, ich stehe auf, ich bin aktiv, ich agiere, stehe zu meiner Meinung und kämpfe für sie. Diesen schwierigen Konflikt gibt es sowohl im Film als auch im wahren Leben, und deswegen fand ich die Figur so spannend. Diese Haltung zum Leben ist sehr interessant und gefällt mir persönlich viel besser als zu jammern: Mir geht es so schlecht, und die ganze Welt ist gegen mich.

Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet, mussten Sie die Handgriffe einer Hebamme trainieren?
Ich habe selbst ein Kind, wurde während der Schwangerschaft und darüber hinaus von einer Hebamme begleitet, zu der ich eine sehr enge Bindung aufgebaut habe. Ich habe ihr das Buch zu lesen gegeben und sie nach den Handgriffen gefragt. Außerdem haben wir bei den Dreharbeiten mit einer Hebamme aus Österreich zusammengearbeitet, die eine wissenschaftliche Arbeit über die Geschichte der Hebammen verfasst hat und bei allen Geburtsszenen mit am Set war. Sie hat mir den Umgang mit den Stäbchen gezeigt und erklärt, wie ich den Bauch taste und die Kinder damals im Mutterleib gedreht wurden. Ich habe außerdem viele Bücher gelesen.

Sie haben sich bisher vor allem in Theaterkreisen einen Namen gemacht. Haben Sie nach dieser ersten großen Filmrolle nun Blut geleckt?

Im Theater gibt es für uns Schauspieler immer die Erhöhung in die Kunst, wobei bestimmte Spielstile abverlangt werden, die nicht unbedingt der rein psychologischen Natur folgen. Beim Film dagegen habe ich die Möglichkeit, einen Menschen zu spielen. Bei meiner letzten Theaterproduktion "Hotel Savoy", spielte ich sieben Rollen hintereinander, drei davon Männer, zog mich zig mal um und befand mich in einem Sandkasten von Spieltrieb und Figuren. Im Film spiele ich einfach eine einzelne Figur, einen Charakter und habe durch die Größe der Figur die Möglichkeit, viele Aspekte und eine große Bandbreite einer Person zeigen zu können. Das Besondere an meiner Rolle in "Die Hebamme" ist, dass es die Hauptfigur ist. Ich habe auch bei anderen schönen Filmprojekten mitgewirkt, aber an diesem Projekt reizte mich besonders die spannende Geschichte der Figur Rosa Koelbl.

Im Film spielen Sie die Rolle einer starken und unabhängigen Frau. Trifft das auch auf Sie privat zu?
In mir gibt es diesen Willen, für meine Rechte als Frau und Mutter zu einzutreten und ein Mensch zu sein, der aktiv an der Gesellschaft teilnimmt, der nicht aufgrund seines Geschlechts aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird. Das ist auch heute noch ein großer Diskussionspunkt. Ich bin schon stark und kämpferisch, aber auch ein sehr familiärer Mensch und kein Einzelgänger. Ich brauche meine Familie und bin glücklich, wenn meine Familie mich braucht.

Hätten Sie sich sogar selbst vorstellen können, Hebamme zu werden?
Ja, das ist ein wahnsinnig toller Beruf. Hebammen haben auch heutzutage noch mit Schwierigkeiten und Problemen mit Kliniken und Ärzten zu kämpfen. Zu unserer Premiere in Österreich waren auch viele Hebammen eingeladen, die mir erzählten, dass Diskussionen mit den Ärzten auch heute noch an der Tagesordnung sind: "Lasst den Frauen doch Zeit, vertraut, wir müssen noch nicht ... " Das Thema ist also nach wie vor aktuell, auch die heutigen Geburtshelferinnen stehen zwischen den Stühlen. Vielen Hebammen spricht der Film aus der Seele, was mich wirklich überrascht hat. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der Beruf der Hebamme wunderschön ist. Es ist sicher toll, anderen Frauen dabei zu helfen, ihre Kinder auf die Welt zu bringen.

Immer mehr Frauen bevorzugen heutzutage wieder die Hausgeburt. Wie stehen Sie als Mutter zu diesem Thema?
Ich selbst hatte eine Hausgeburt. Ich habe mit meiner Hebamme, meinem Mann und der Frauenärztin hier zu Hause unseren Sohn zur Welt gebracht. Und ich würde es immer wieder tun. Es gab keine Sekunde, in der ich diese Entscheidung in Frage gestellt hätte. Dabei habe ich mich nicht gegen das Krankenhaus, sondern für eine Hausgeburt entschieden und möchte auch keinesfalls die Kliniken verteufeln. Hebammen handeln nicht fahrlässig, Hausgeburten sind nur dann möglich, wenn im Vorfeld alles in Ordnung ist und die Schwangerschaft normal verläuft. (...)Ich habe mich während meiner Schwangerschaft ausführlich mit dem Thema "Geburt" beschäftigt und habe auch mit Freunden, die zu Hause entbunden haben, gesprochen. Mein Mann und ich sind dann zu dem Entschluss gekommen: Das wollen wir auch.

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