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"Marie spielt die Ärztin, aber sie lebt diese Rolle"

"Marie spielt die Ärztin, aber sie lebt diese Rolle"
Veröffentlicht:
02.03.2010
Interview mit Silke Bodenbender
Marie Hansen ist eine überdurchschnittlich kompetente Ärztin, die ihr Leben auf einer Lüge aufbaut. Was war für Sie die besondere Herausforderung an dieser Rolle?

Besonders reizvoll war die Herausforderung, gleich doppelt zu spielen, also eine Frau wahrhaftig darzustellen, die ihrerseits eine Rolle spielt.

Mich hat auch fasziniert, dass Marie erst nach und nach klar wird, welche Dimension ihr Handeln hat. Sie ist so eins geworden mit ihrer Rolle als Ärztin, dass der bevorstehende Sturz für sie gar nicht vorstellbar ist.

Das Wichtigste war für mich nicht, wie Marie von außen entlarvt wird, sondern wie sie selbst ihre Situation erkennt und sich ihrer Fallhöhe bewusst wird.


Als Jan erfährt, dass Marie keine Approbation hat, muss er sich entscheiden, ob er ihr vertraut. Würden Sie sich von einer Ärztin wie Marie Hansen behandeln lassen?

Vermutlich wäre auch ich sehr skeptisch. Als unmittelbar Betroffener kann man ja nicht wissen, dass ausgerechnet eine nicht-examinierte Ärztin so kompetent ist.

Diplome und Urkunden garantieren vielleicht keine optimale Behandlung, aber sie geben eben doch eine gewisse Sicherheit. Sonst wären sie ja auch sinnlos. Bei Schauspielern mag man darüber streiten können, bei Ärzten doch wohl eher nicht.


Macht Marie sich mit ihrer Lüge schuldig oder steht die fehlende Approbation in keinem Verhältnis zu ihren guten Taten?

Sicherlich macht Marie sich schuldig, da sie Vertrauen missbraucht, aber ich würde sie nicht als Betrügerin sehen. Es geht ihr ja nicht um ihren eigenen Nutzen, sondern darum, den Kindern zu helfen.

Man könnte sagen, sie spielt die Ärztin, aber sie lebt diese Rolle. Das hat mich an der Figur besonders gereizt, dass sie nicht den Drang zur Selbstdarstellung und das Geltungsbedürfnis einer herkömmlichen Hochstaplerin hat.

Sie geht ganz in ihrer Aufgabe auf, die sie aufgrund gesellschaftlicher Konventionen nicht übernehmen darf.

Was gibt Marie Hansen den Antrieb für die Lüge? Der Wunsch, den Eltern zu gefallen und die Feigheit vor der Wahrheit oder die innere Berufung und das Wissen um ihr Können?

Es würde der Figur sicher nicht gerecht, sie auf das eine oder andere zu reduzieren. Natürlich möchte Marie ihren Eltern gefallen und die verstorbene Schwester ersetzen.

Gleichzeitig fühlt sie sich dazu berufen, Kindern zu helfen. Bei all den Gedanken an die anderen ist sie aber auch wahnsinnig ehrgeizig – nicht karriereversessen, sondern extrem anspruchsvoll gegenüber sich selbst.

Sie will diesen Weg unbedingt erfolgreich gehen, nicht weil sie Geld oder Anerkennung sucht, sondern weil sie einfach diesen unbedingten Willen hat.

Haben die Dreharbeiten zu "Eine Frage des Vertrauens“ etwas in Ihnen verändert?

Ich war jedenfalls jeden Abend froh, dass ich meine Rolle – anders als Marie – nicht auch privat weiterspielen musste. Wirklich faszinierend an ihr sind ja nicht ihre medizinischen Fähigkeiten, die andere auch haben können, sondern ihre Kraft, permanent mit der Lüge zu leben.

Vielleicht bin ich durch den Film noch etwas glücklicher darüber, einen Beruf gefunden zu haben, in dem ich mich in vielen Rollen, aber ohne Lügen beweisen kann.

Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit Wotan Wilke Möhring und Markus Quentin, der den kranken Jungen spielt?

Für mich war es ganz wichtig, dass Markus, Wotan und ich uns großartig verstanden haben. Trotz oder gerade wegen des schweren Stoffes hatten wir wirklich eine Menge Spaß. Ich glaube, dass wir uns nur so gemeinsam auf die Situation einlassen konnten.

Es gibt ja wenig Herzzerreißenderes als ein lebensfrohes Kind, das langsam stirbt. Die Tragik ist so groß, dass man permanent riskiert zu überspielen.

Nach allen Vorbereitungen wurde mir erst im unmittelbaren Spiel mit Markus klar, was solch eine Situation wirklich bedeutet, wie unspektakulär und deprimierend der Schrecken ist, und wie man doch lernen kann, damit umzugehen, das Schicksal zu akzeptieren. Da hat der Junge in seinem allerersten Film wirklich Großartiges geleistet!

Der Film nimmt seine Zuschauer emotional sehr stark mit. Ging es Ihnen beim ersten Ansehen des fertigen Films ähnlich?

Beim ersten Ansehen konzentriere ich mich immer viel zu sehr auf die technische Umsetzung. Ich weiß ja vorher nicht, für welche Szenen der Regisseur sich im Schnitt entscheidet, und wie ich mich da geschlagen habe.

Die Sterbeszene, die schon beim Dreh eine unglaubliche Intensität hatte, hat mich dann aber dennoch sehr berührt.

Welche Szenen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Von den Dreharbeiten her alle, in denen ich "Mukoviszidose“ sagen musste. Das Wort wollte mir einfach nicht so leicht über die Lippen, auf jeden Fall nie beim ersten Take. Das war dann schon fast ein Running Gag.

Eine Frage des Vertrauens: Montag, 8. März, 20.15 Uhr, im ZDF

Interviews

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Interviews, 02. März 2010
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