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Marathon Man

Marathon Man
© Tiemfilm
Veröffentlicht:
26.02.2010
Tele.at traf Schauspieler Andreas Lust bei der Berlinale zum Gespräch über seinen jüngsten Film "Der Räuber".

Kühl inszeniert Benjamin Heisenberg seinen Film über den "Pumgun-Ronnie", jenen österreichischen Bankräuber, der nebenbei Marathons lief. Andreas Lust erzählt von den (sportlichen) Herausforderungen seiner Rolle.

Wie ähnlich ist die Filmrolle der Figur des "Pumpgun-Ronnie"?
Er ist nicht so pathologisch wie das Original. Man wollte ja auch mit Bedacht auf seine große dramatische etwas Anderes erzählen. Der Film wäre sonst das Psychogramm einer verpatzten Kindheit geworden, ein traumatisierter junger Mann mit einem Mutter-Problem. Wir wollten hingegen etwas machen, was den Betrachter selbst fordert und was ihn mit sich selbst konfrontiert. Wenn man aus dem KIno rausgeht und sich fragt, was hält mich am Laufen, dann ist der Film gelungen. Der ist ein Adrenalin-Junkie, der steigert einfach die Dosis. Das Geld ist ein Abfallprodukt von dem, was er tut, das liegt unterm Bett, das interessiert ihn nicht. Es geht immer darum, sich zu beweisen, dass man lebt. Ich messe Zeit, Strecke, Puls, das hat eine Auswirkung, der Umkehrschluss ist: ich lebe. Die Filmfigur ist, was die Motivation betrifft, nicht so weit weg vom Original.

Wie dreht man während des Wien-Marathons?
Das war ein logistischer Großaufwand. Das war überhaupt die Härte. Ich hatte ja die Produktionsfirma im Nacken, "Andreas, wir haben nur eine Chance!". Da zischen sieben Kenianer an Dir vorbei mit 20km/h, dann lange nichts, dann irgendwann kommt der beste Europäer und in dieses Loch haben sie mich hineingeschleust. Wenn mir diese Spitzengruppe davongelaufen wär, hätten wir das Filmmaterial wegwerfen können. Also da ist Dein Puls schon mal auf 150 bevor Du überhaupt losgelaufen bist. Es war eine unglaubliche Erleichterung im Zieleinlauf, Gänsehaut, wie der Platzsprecher sagt "Johann Rettenberger für Österreich". Und die Menge, die ja nicht weiß, dass da ein Film gedreht wird, jubelt einem zu. Ich hätte von mir nicht gedacht, dass mich das in irgendeiner Weise ergreift, aber es hat mich völlig weggerissen.

Wirst Du weiter laufen gehen oder hast Du jetzt für eine Weile genug?
Ich würde privat nie einen Wettbewerb laufen. Ich laufe nicht, um möglichst schnell irgendwohin zukommen. Ich laufe des Laufens wegen, das ist für mich eine meditative Möglichkeit, den Körper loszuwerden und die Gedanken frei fließen lassen zu können. Die Faszination Laufen gab's für mich schon vorher, die wird auch bleiben, aber ich will nichts gewinnen damit. Scheinbar bin ich ja jetzt diese Sportler abgestellt. Ich hab vor kurzem mit einem Regisseur geredet, der hat einen Film in Planung, wo's um einen Ex-Radrenn-Profi geht. Ich fänd's ja genial, wenn der Film es auf die Sportseiten schafft. Ich les ja die Zeitung auch immer von hinten - da kommt zuerst der Sport, dann die Kultur.

Wie nähert man sich so einer realen Figur?
Am Anfang steht immer die Recherche. Man sieht sich an, wer das ist, wie der gelebt hat. Davon sind wir aber ziemlich bald weggegangen. Das hätte sonst behindert, etwas Eigenes zu entwickeln. Es ist dann aber trotzdem - im abstrakten Sinn - viel davon geblieben. Ich kann immer noch emotional viel von der Originalfigur wiederfinden in unserem Film. Ich hab die Figur, auch von der Bewegung her, immer als Puma gesehen, der Benjamin Heisenberg als Wolf.

Der Wiener Akzent im Film – stand der im Drehbuch? Dadurch, dass es in einem konkreten Raum angesiedelt war, und wir Österreicher ja ein großes Verständnis für alle Schichten und deren Sprachausformungen haben, wusste natürlich jeder, wie jede Figur sprechen würde. Wir sind ja gelernte Wiener. Das Ziel war ja auch wie beim Laufen, es irgendwo anzusiedeln und original zu bleiben, keine Kunstwelt zu schaffen. Wir haben etwas wie eine Doku gemacht und keinen Kunstfilm. Gleichzeitig aber ist es kein Film über Wien oder die Wiener. Es ist ein philosophischer Film über "Lebenssinnlosigkeitbewältigungssysteme", wie ich das nenne. Es geht da um Lebensmodelle, die einem vorgeschrieben werden. Diese Figur versucht, sich von sozialen Bindungen abzuschneiden. Und es passiert ja dann doch, dass die Liebe etwas auslöst, seine harte Schale einen Sprung bekommt. Und er hat ja damit längst abgeschlossen, das ist eine ganz große dramatische Liebesgeschichte. 

"Der Räuber" läuft ab 25. Februar in den österreichischen Kinos. Der Film hatte im Wettbewerb der Berlinale Premiere.

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