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Detlev Buck im Interview

Detlev Buck im Interview
© Filmladen Filmverleih
Veröffentlicht:
28.01.2010
"Ich mag die Frechheit": Der Regisseur und Schauspieler sprach mit Tele über seinen jüngsten Film "Same Same But Different".
Sie haben den damals 14-jährigen David Kross für Ihren Film "Knallhart" entdeckt. Wie kam es zur erneuten Zusammenarbeit?
Ich wollte keinen alten Mann, nicht mal einen Mitte-Zwanzig-Jährigen. Ich wollte jemanden, der unschuldig ist. Die Mädels in Kambodscha, die in Bars arbeiten, die kommen oft direkt vom Dorf, sind ganz jung. Ich wollte, dass beide gleich alt sind. Was ich an David mag: man sieht, was er denkt. Das ist für mich auch gutes Spiel. David albert nicht herum, und sagt, "Hey, Spaß in Kambodscha". Das zeichnet ihn auch aus.

Hat sich David Kross seither verändert?
Klar, aber er ist mit beiden Füßen am Boden geblieben, das liegt auch daran, dass er eine gute Familie hat. Er arbeitet noch konzentrierter, ist noch flexibler.

Wie sind Sie auf das Thema gestoßen? Schließlich ist das kein leichter Stoff, es geht um HIV, um eine unglaubliche Liebesgeschichte, die auch ins Kitschige abdriften könnte.
Diese Bedenken wurden auch sofort von den Geldgebern geäußert. Letztendlich gefällt mir aber diese Art von Naivität. Unsere Welt ist immer so analytisch und legt vorher schon die Analyse vor, dadurch dreht sie sich nur mehr um sich selbst. Der naive Zugang, den der Protagonist hat, in die Welt zu kucken, sich dann auch noch zu verlieben, das aber nicht abzubrechen sondern durchzuziehen, diese Chuzpe finde ich faszinierend. Diese Naivität gefällt mir, weil ich sie selber gern wiederhätte, oder eigentlich auch noch habe, wahrscheinlich. Für mich steht da nicht die Prostitution im Vordergrund – in Frühstück bei Tiffanys, da geht's schließlich auch um eine Prostituierte. Diese Geschichten gefallen mir sowieso sehr. Das große Thema HIV ist für mich ein Symbol für Krise, das könnte auch Krebs sein. Viele wissen eben nicht, dass man heute mit HIV definitiv ein normales Leben führen kann. Das ist für viele noch dieses Tabu-Thema aus den 90ern. Ein Journalist erklärte mir, er wäre als junger Mann weggerannt. Sehr super. Aber Plakate aufhängen zum Thema HIV und den 1. Dezember als Welt-AIDS-Tag feiern. Dann aber wegrennen. Das ist typisch – man gibt sich so aufgeklärt, hat aber überhaupt keine Ahnung. Die Menschen wissen nicht, dass eine gute Medikamentation möglich ist. Diese Gesellschaft ist so unneugierig.

Dreharbeiten in Kambodscha unterscheiden sich sicher gravierend von Drehs in Deutschland.
Das ist total anders. Die organisatorischen Herausforderungen sind groß, man muss sehr flexibel sein. Wenn Du beispielsweise live in einem Gebäude drehst, in dem 2000 Leute wohnen, dann kannst Du den Ton erst mal vergessen. Es ist unglaublich laut, es herrscht ein Durcheinander. Man hat bis zu 300 Zuschauer, die klatschen und sich über die Aufnahmen freuten. Das Wildeste war wohl, die Klubszene nachzustellen. In Kambodscha ist jemand, der ein Bar-Mädchen darstellt, auch ein Bar-Mädchen. Man versteht nicht, dass das ein Spiel ist.

Hatten Sie Kontakt mit Benjamin Prüfer, dem Autor der Buchvorlage? Der Film basiert ja auf seiner Geschichte.
Ja, sehr viel. Es war mir wichtig, dass seine Beziehung geschützt wird. Das eine ist die Realität, aber die kann man eh nicht nachstellen, das andere ist Dichtung – und ich dichte eben. Sein Anliegen war: Dreh in Kambodscha ist Bedingung, weil hier sonst nie gedreht wird (meistens in Thailand), und ein Happy End. Und das liebe ich ja. Ich brauche kein tragisches Ende, damit ich gefühlsgeschwängert rausgehe. Ich habe die Gefühlsberührung lieber durch Hoffnung. Bei mir ist das nicht so 'aaaah, Tod, aaah, berührt". Bei mir nich, nee.

Was hat es mit dem Elefanten auf sich, der im Film mehrfach vorkommt?
In Kambodscha sind die Elefanten vom Aussterben bedroht – durch die abgeworfenen Minen der Amerikaner. Die Elefanten sind auf die Minen gelatscht. Das Gleichnis Mit der Höhle und dem Elefanten hat Apinya [Sakuljaroensuk, die Hauptdarstellerin des Films] mit David gespielt, deshalb haben wir das auch in den Film reingenommen. Normalerweise, wenn ein Mann eine Frau kennen lernt, textet er sie ja meistens zu. Bei Apinya war das umgekehrt, die hat das mit jedem gespielt.

Was ist Ihr nächstes Projekt?
"Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann. Auch dieses Projekt ist nicht leicht zu finanzieren. Wir beschäftigen uns derzeit intensiv damit, aber die Geldgeber stehen auch nicht gerade Schlange. Aber ich mag die Frechheit, das unkonventionelle Betrachten von etwas. "Same Same" mag ich nicht, ich mag "different" mehr.

Vielen Dank für das Gespräch.

"Same Same But Different" startet am 29. Jänner in den österreichischen Kinos.
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